Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 312
Stand: EL 134 – ET: 02/2019
Gewerbetreibende, die weder handelsrechtlich noch nach Maßgabe des § 141 AO buchführungs- und abschlusspflichtig sind (zB Kleingewerbetreibende), können zwischen Vermögensvergleich nach § 4 Abs 1 EStG und Überschussrechnung nach § 4 Abs 3 EStG wählen (BFH BStBl II 1990, 287). ISd § 18 EStG selbstständig Tätige haben ein Wahlrecht zwischen Gewinnermittlung nach Überschussrechnung gem § 4 Abs 3 EStG und Bestandsvergleich nach § 4 Abs 1 EStG (BFH v 24.11.1959, I 47/58 U, BStBl II 1960, 188). So ist zB ein Laborarzt mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, der nicht nach § 141 AO zur Buchführung aufgefordert wurde, nicht zur Bilanzierung verpflichtet (FG BdW, 10 K 279/97, EFG 2001, 807). Zur wirksamen Ausübung des Wahlrechts ist zeitnah zum Beginn des Gewinnermittlungszeitraums eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, eine kaufmännische Buchführung einzurichten und schließlich aufgrund von Bestandsaufnahmen ein Abschluss zu erstellen.
Bei fehlender zeitnaher Aufstellung der Eröffnungsbilanz und Einrichtung einer kaufmännischen Buchhaltung entfällt nach insoweit restriktiver Rspr (BFH v 19.10.2005, XI R 4/04, BStBl II 2006, 509) und Verw-Auffassung (OFD Nds, Vfg v 17.02.2010, S 2130–30-St 222/St 221, ESt-Kartei ND § 4 EStG Nr 4.1) das Wahlrecht zum Bestandsvergleich. Umgekehrt bleibt – auch bei zeitnaher Aufstellung der Eröffnungsbilanz und Einrichtung einer kaufmännischen Buchhaltung – die Möglichkeit zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG bestehen, solange ein Abschluss nicht erstellt wurde (BFH v 19.03.2009, IV R 57/07, BStBl II 2009, 659), zum Wahlrecht im Einzelnen s Rn 1503f (Nacke).
Vertraglich vereinbarte Buchführungspflichten werden von § 140 AO nicht erfasst, sie sind damit nicht "für die Besteuerung" zu erfüllen.