Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 328
Stand: EL 134 – ET: 02/2019
Die materielle Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB (§ 5 Abs 1 S 1 Hs 1 EStG) wird ausgeschlossen ("es sei denn"), wenn iRd Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts ein anderer Ansatz gewählt wird oder wurde (§ 5 Abs 1 S 1 Hs 2 EStG), vorausgesetzt die steuerliche Verzeichnispflicht nach § 5 Abs 1 S 2, 3 EStG wird erfüllt. Konsequenz des steuerlichen Wahlrechtsvorbehalts ist, dass steuerliche Wahlrechte unabhängig von der HB, dh steuerlich autonom ausgeübt werden können. Dies ist auch dann möglich, wenn eine (wirksame) HB nicht erstellt wurde, es also nur den steuerlichen und keinen "anderen Ansatz" gibt (Krumm in Blümich, § 5 EStG Rz 203 (März 2018).
Die Ausübung eines steuerlichen Wahlrecht erfolgt iRd steuerlichen Gewinnermittlung, dh iRd StB (§ 60 Abs 2 S 2 EStDV) bzw der steuerlichen Überleitungsrechnung (§ 60 Abs 2 S 1 EStDV). Wirksam wird die Wahlrechtsausübung mit Übermittlung einer StB iSd § 5b Abs 1 S 3 EStG bzw der Zusätze und Anmerkungen zur HB iSd § 5b Abs 1 S 2 EStG, dh der steuerlichen Überleitungsrechnung. Ab diesem Zeitpunkt ist der StPfl für den betreffenden sowie nachfolgende Bilanzstichtage an die Wahlrechtsausübung gebunden. Die Bedeutung der Verpflichtung zur Übermittlung einer E-Bilanz (§ 5b EStG) geht damit über eine rein verfahrensrechtliche Vorschrift, die die gesetzlichen Anordnungen zur Abgabe der Steuererklärung (§ 25 EStG, § 31 KStG) für bilanzierende Unternehmen ergänzt, hinaus. Da mit der elektronischen Übermittlung der steuerlichen Gewinnermittlungsdaten (StB oder HB mit Überleitungsrechnung) eine wirksame Ausübung steuerlicher Wahlrechte verbunden ist, hat die Vorschrift im Ergebnis auch materielle Bedeutung.
Mit wirksamer Ausübung ist das steuerliche Wahlrecht für das wahlrechtsbegründende Ereignis grundsätzlich verbraucht. § 5 Abs 1 S 1 Hs 2 EStG schließt GoB-Abweichungen aufgrund in der Vergangenheit ausgeübter steuerlicher Wahlrechte ein. Es wird explizit darauf abgestellt, ob ein anderer Ansatz gewählt "wird oder wurde". Die Änderung eines ausgeübten steuerlichen Wahlrechtes ist nur im Rahmen und unter den Restriktionen einer Bilanzänderung iSd § 4 Abs 2 S 2 EStG möglich.