Rn. 4
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Auf der Tatbestandsebene erfordert § 50i Abs 1 S 1 EStG, dass ein Gesellschafter einer PersGes aus abkommensrechtlicher Sicht nicht im Inland ansässig ist.
Dieses Erfordernis resultiert aus dem Sinn und Zweck der Norm, einen steuerfreien Entstrickungsgewinn zu vermeiden (s Rn 2). Demnach muss der StPfl nach einem einschlägigen DBA als (nur) im ausländischen Vertragsstaat ansässig gelten. Art 4 Abs 1 OECD-MA qualifiziert eine Person als in einem Vertragsstaat ansässig, wenn sie dort einer der unbeschränkten StPfl entsprechenden Besteuerung unterliegt. Im Falle einer Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten legt Art 4 Abs 2 OECD-MA fest, wo die Person als ansässig gilt (Tie-breaker-rule).
Beispiel 1:
Ein in Deutschland unbeschränkt StPfl war Alleingesellschafter einer im Inland ansässigen KapGes. Der StPfl verzog im Jahr 2005 auf die Cayman Islands, unter Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes und gewöhnlichen Aufenthaltes; kurz zuvor hatte er die Anteile an der KapGes steuerneutral in eine inländisch gewerblich geprägte PersGes eingelegt.
Die Norm des § 50i Abs 1 S 1 EStG ist bereits deshalb nicht einschlägig, da die Person – mangels eines mit den Cayman Islands bestehenden DBA – nicht "abkommensrechtlich nicht im Inland" ansässig ist.
Das deutsche Besteuerungsrecht geht auch nicht verloren, da künftige Veräußerungsgewinne von der beschränkten StPfl gemäß § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst e Doppelbuchst aa EStG erfasst werden und kein DBA eine Begrenzung des Besteuerungsrechts anordnet.
Beispiel 2:
Sachverhalt wie in Bsp 1. Nunmehr verzog der StPfl jedoch in die USA. Der inländische Wohnsitz wurde beibehalten, ganz überwiegend hielt sich der StPfl fortan allerdings in den USA auf.
Das Tatbestandsmerkmal des § 50i Abs 1 S 1 EStG, die "abkommensrechtliche Ansässigkeit nicht im Inland", ist vorliegend erfüllt, da die Person zwar nach nationalem deutschem Steuerrecht aufgrund seines Wohnsitzes weiterhin in Deutschland unbeschränkt stpfl ist, aber abkommensrechtlich durch Art 4 Abs 2 Buchst a DBA-USA die Ansässigkeit nur in den USA fingiert wird.
Ferner müssen WG des BV oder Anteile iSd § 17 EStG in eine PersGes iSd § 15 Abs 3 EStG vor dem 29.06.2013 übertragen oder überführt worden sein (§ 50i Abs 1 S 1 Nr 1 EStG). Zur Definition von Anteilen iSd § 17 EStG s § 17 Rn 63 (Karrenbrock).
WG des BV sind alle Sachen, Rechte oder sonstigen Vorteile, die selbständig bewertbar bzw entgeltlich erworben und dem Betrieb des StPfl objektiv zugeordnet werden. Unerheblich ist dabei, ob eine Zuordnung zum Gesamthands- oder Sonder-BV der PersGes erfolgt. Eine PersGes iSd § 15 Abs 3 EStG ist
Nicht erfasst ist somit eine originär gewerblich tätige PersGes iSd § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 u Abs 2 EStG; insofern ist die Einschlägigkeit der allg Entstrickungsregeln, insb § 4 Abs 1 S 3 EStG, zu prüfen. Eine Übertragung erfordert in Abgrenzung zu einer Überführung einen Rechtsträgerwechsel. Übertragungen bzw Überführungen ab dem 29.06.2013 werden nicht von der Norm des § 50i Abs 1 S 1 EStG erfasst; auf solche Neufälle sind vielmehr die allg Entstrickungsregeln, insb § 4 Abs 1 S 3 EStG, anzuwenden (s Rn 2).
Im Zeitpunkt der Übertragung oder Überführung muss eine Besteuerung der stillen Reversen unterblieben sein (§ 50i Abs 1 S 1 Nr 2 EStG). Folglich muss die Übertragung bzw Überführung steuerneutral erfolgt sein, was zB mittels § 6 Abs 3 o 5 EStG möglich war. Die im PV befindlichen Anteile iSd § 17 EStG wurden im klassischen KG-Modell (s Rn 2 Bsp) zwecks Steuerneutralität verdeckt in eine gewerblich geprägte PersGes eingelegt (zu Details s Loose/Wittkowski, IStR 2011, 68f).
Zudem muss das deutsche Besteuerungsrecht in Bezug auf die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung oder Entnahme der WG des BV bzw der Anteile iSd § 17 EStG vor dem 01.01.2017 ausgeschlossen oder beschränkt worden sein (§ 50i Abs 1 S 1 Nr 3 EStG). Folglich bedarf es – ungeachtet der Anwendung des § 50i Abs 1 EStG – einer Entstrickung vor dem genannten Zeitpunkt.