Jürgen Dräger, Tobias Müller
Uhlig, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Zuschüsse, 1989;
Hilke, Bilanzpolitik, 6. Aufl 2002, 148.
Rn. 176
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Beschaffungsvorgänge für Sach-AV stehen häufig im Zusammenhang mit Finanzierungshilfen im weitesten Sinn. Diese "Hilfen" können von der öffentlichen Hand, aber auch von privaten Auftraggebern geleistet werden. Bei öffentlichen Beihilfen (Subventionen) spricht man gewöhnlich von Investitionszuschüssen, wenn sie auf einer Gesetzesregel beruhen von InvZul (InvZulG 2007 bzw InvZulG 2010). Privatwirtschaftliche Auftraggeber leisten in bestimmten Branchen ebenfalls Finanzierungshilfen in Form von "Druckkostenbeihilfen" oder "Werkzeugkostenbeiträgen" (s §§ 4,5 Rn 1499 (Hoffmann)) oder bei Gebäudeherstellungskosten (Mieterzuschüsse, FG Nürnberg DStRE 2002, 933).
Rn. 177
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Der bilanzrechtliche Charakter ist nicht immer eindeutig bestimmbar (s Weber-Grellet, FR 2001, 537 zum Fall von Werkzeugkostenzuschüssen einer Automobilherstellerin nach BFH v 29.11.2000, I R 87/99, BStBl II 2002, 655). AK/HK sind bezüglich dieser Problematik gleichlaufend. Solche privatwirtschaftlichen "Beihilfen" unterscheiden sich von denjenigen der öffentlichen Hand dadurch, dass sie nicht nur zur Unterstützung der Investition des liefernden Unternehmens gewährt werden, sondern im Interesse einer entsprechenden Gegenleistung. Deshalb werden zB sog Werkzeugkostenbeiträge offen oder verdeckt durch Preisnachlässe für die mittels des bezuschussten Werkzeugs erstellten Produkte amortisiert. Darin kann ein Indiz zur unterschiedlichen bilanzrechtlichen Behandlung – öffentliche Subventionen einerseits und privatwirtschaftliche "Beihilfen" andererseits – gesehen werden.
Rn. 178
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Für die Besteuerung generell ist grundlegend zwischen (Investitions-)zuschüssen einerseits und InvZul andererseits streng zu unterscheiden. Letztere sind nach § 12 InvZulG 2007 bzw § 13 InvZulG 2010 "steuerfrei", gehören also nicht zu den steuerbaren Einkünften und mindern deshalb konsequenterweise nicht die AK bzw HK des begünstigten WG mit der Folge einer sonst niedrigeren Abschreibungsbemessungsgrundlage. Umgekehrt bei Zuschüssen: Diese sind "stpfl"; dabei gewähren die EStR (R 6.5 EStR 2012) traditionell ein Wahlrecht. Der investierende Unternehmer kann die Zuschüsse sofort als BE behandeln, er kann sie aber auch von den AK/HK abziehen mit der Folge einer ratierlichen Verteilung des stpfl Zuschusses auf die Nutzungsdauer des bezuschussten WG. Der FinVerw zufolge gilt hier die umgekehrte Maßgeblichkeit, dh, der betreffende StPfl muss das Wahlrecht in der HB ausüben (s §§ 4,5 Rn 334ff (Briesemeister/Hoffmann)).
Rn. 179
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Aus Sicht der HB ist dieses steuerliche Wahlrecht mit den handelsrechtlichen Folgewirkungen aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit bedenklich (so zu Recht A/D/S, § 255 HGB Rz 58, 6. Aufl). Diese Bedenken richten sich gegen die sofortige erfolgswirksame Vereinnahmung eines Zuschusses, der aus wirtschaftlicher Sicht für die Zeit der Nutzungsdauer gewährt wird. Wirtschaftlich und damit bilanzrechtlich "richtig" ist also die im Jahr der Zuschussgewährung zunächst erfolgsneutrale Vereinnahmung durch Kürzung von den AK/HK oder durch Einstellung eines passivischen Sonderpostens nach Maßgabe des Fachgutachtens IDW-HFA 1/1984 idF 1990. Durch die entsprechende niedrigere Abschreibungsverrechnung bzw die ratierliche Auflösung dieses Sonderpostens wird die erfolgserhöhende Vereinnahmung entsprechend der Nutzungsdauer des bezuschussten WG vorgenommen.
Von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung sind die sog Baukostenzuschüsse in der Versorgungswirtschaft (Energie und Wasser). Im BMF v 27.05.2003, BStBl I 2003, 361 werden diese Zuschüsse als Investitionskostenzuschüsse qualifiziert, mit der Folge des Wahlrechtes nach R 6.5 Abs 2 EStR 2012, s Rn 178. Das Wahlrecht für diese Baukostenzuschüsse gilt für alle Versorgungssparten. Wegen Einzelheiten vgl Meissner, DB 2003, 2080 sowie OFD Rheinland v 03.03.2006, DB 2006, 986.
Handelsrechtlich bedenklich ist auch die (sofortige) erfolgswirksame Vereinnahmung einer InvZul, wie sie vermutlich aus Praktikabilitätsgründen auch in der HB häufig anzutreffen ist. Richtigerweise sollte hier ebenfalls eine Kürzung von den AK/HK oder noch besser eine Einstellung in den genannten Sonderposten erfolgen.
Rn. 180
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Nach IAS 20.24 ist die zeitliche Verteilung von öffentlichen Investitionshilfen zwingend, sei es durch Passivierung mit ratierlicher Auflösung (deffered income) oder durch Kürzung der Abschreibungsbemessungsgrundlage, also der AK/HK.