Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit eines im Betrieb des Unternehmers beschäftigten Ehegatten
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit stellt die persönliche Abhängigkeit das wesentliche Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses dar und bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit sind demgegenüber das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und Arbeitszeit zu bestimmen, vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R.
2. Nach diesen Kriterien richtet sich auch, ob die Tätigkeit im Unternehmen des Ehegatten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt.
3. Haben die Parteien in einem Arbeitsvertrag ein festes monatliches Entgelt, eine zeitlich und inhaltlich fest umrissene Tätigkeit vereinbart und für Kündigung und Urlaubsanspruch auf die gesetzlichen Regelungen verwiesen, so ist von dem Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auszugehen.
4. Wesentlich für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses bei Verwandten ist die Art der Verbuchung und Versteuerung der Bezüge. Werden diese nicht als Privatentnahmen, sondern als Betriebsausgaben verbucht und lohnversteuert, so liegt ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis vor.
5. Dem widerspricht nicht eine Übernahme von Darlehen durch den Ehegatten. Selbstschuldnerische Bürgschaften werden üblicherweise von Kreditinstituten bei der Kreditgewährung an verheiratete Schuldner verlangt.
Tenor
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2) wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.04.2010 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) und die Gerichtskosten für Klage- und Berufungsverfahren. Weitere Kosten werden nicht erstattet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene zu 1) bei dem Kläger seit 01.01.2002 sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Der Kläger ist Inhaber des Einzelunternehmens C (Fenster, Türen, Tore). Im September 1987 mietete er nach eigenen Angaben für die Ausstellung von Grabmalen knapp 3 km entfernt vom Betriebssitz eine Betriebsnebenstätte, die mit den dortigen Aufbauten und den Erlösen aus Steinmetzarbeiten in der Betriebsbilanz gesondert erfasst wurde.
Ab 01.01.1988 beschäftigte er sodann seine Ehefrau, die 1959 geborene Beigeladene zu 1), die im Dezember 1984 die Meisterprüfung im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk bestanden hatte. Arbeitsvertraglich wurde zunächst für die 18 Stunden wöchentlich in der Betriebsnebenstätte auszuübende Tätigkeit eine Vergütung i.H.v. monatlich 1.000,00 DM Brutto vereinbart. Weiter sah der "Arbeitsvertrag für Ehegatten" u.a. vor: "Die Arbeitszeit regelt sich nach den betrieblichen Verhältnissen und soll nach Möglichkeit während der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit des Betriebes abgeleistet werden" (§ 2). "Dieser Vertrag ist unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen kündbar. Im Übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis, insbesondere den Urlaubsanspruch, ebenfalls die gesetzlichen Bestimmungen" (§ 4).
In Ausführung der Vereinbarung führte der Kläger für die Beigeladene zu 1) ab Vertragsbeginn Steuern und Gesamtsozialversicherungsbeiträge ab; seit 01.01.2002 erfolgte die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aufgrund der geänderten Mitgliedschaft der Beigeladenen zu 1) nunmehr an die Beklagte als Einzugsstelle. Das Gehalt wurde durchgehend als Betriebsausgabe verbucht.
In der Folgezeit übernahm die Beigeladene zu 1) mehrfach Bankbürgschaften zur Sicherung von Ansprüchen gegenüber dem Kläger, u.a. im Juli 1998 eine selbstschuldnerische Bürgschaft über einem Betrag bis zu 600.000,00 DM, im Juni 2003 über einen Betrag bis zu 365.000,00 EUR und im Oktober 2005 über einen Betrag bis zu rund 110.000,00 EUR. Nach den Angaben des Klägers wurde Anfang des Jahres 2003 die Betriebsnebenstätte geschlossen und die Ausstellung auf das Betriebsgrundstück verlegt. Seit 01.06.2003 pflegt die Beigeladene zu 1) ihren Ehemann, der an Morbus Bechterew mit völliger Versteifung der gesamten Wirbelsäule erkrankt ist, gemäß der ihm von der beigeladenen Pflegekasse anerkannten Pflegestufe I.
Im September 2005 umschrieb der Kläger - gemeinsam mit der (ebenfalls unterzeichnenden) Beigeladenen zu 1) - in dem ihm von der Beklagten zugesandten "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses ( ...)" die von der Beigeladenen zu 1) seit 1988 ausgeübte Tätigkeit mit den Worten "Verkauf, Beratung, Angebot, Kalkulation, Rechnungs- und Mahnwesen". Sie beantworteten die folgenden Fragen mit "Ja":
- Wird die Tätigkeit aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt?
- Ist der mitarbeitende Angehörige in dem Betrieb wie eine fremd...