rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedarfsbewertung von Grundstücken: Zur Überprüfung durch den Gutachterausschuss mitgeteilter Vergleichspreise durch das Gericht und zum Verhältnis von Verkaufspreis und Gutachten zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Überprüfung der von den Gutachterausschüssen nach § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG mitgeteilten Vergleichspreise durch das Gericht ist darauf beschränkt, ob dem Gutachterausschuss offensichtliche Unrichtigkeiten unterlaufen sind.
- Zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts im Sinne des § 198 BewG ist ein Sachverständigengutachten nicht stets vorrangig gegenüber einer stichtagsnahen Veräußerung zu berücksichtigen.
Normenkette
BewG 1991 § 183 Abs. 1, § 198
Tatbestand
Streitig ist, ob der Grundbesitzwert auf 220.000 € herabzusetzen ist.
Die Klägerin erbte … das mit einem freistehenden Einfamilienhaus bebaute Objekt …. Der Erblasser bewohnte das … Haus bis zu seinem Tod. Mit notariellem Vertrag … veräußerte die Klägerin das Objekt für einen Kaufpreis in Höhe von 460.000 €.
Das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt … forderte den Beklagten auf, einen Grundbesitzwert … für dieses Grundstück festzustellen.
Der … Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts hatte die Klägerin ein Gutachten über den Verkehrswert des Grundstücks … beigefügt. Die Gutachterin … hatte darin einen Verkehrswert in Höhe von 220.000 € ermittelt. Wegen des konkreten Inhalts wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Unter Einsatz des Immobilienpreiskalkulators der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in Niedersachsen (IPK) ergab sich ein mittlerer Preis für die Immobilie in Höhe von 320.000 €. Mit Bescheid … erließ der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts … für Zwecke der Erbschaftsteuer (künftig Grundbesitzwertbescheid) in dem er einen Grundbesitzwert in Höhe von 320.000 € feststellte. Er führte aus, das Gutachten könne nicht anerkannt werden, da das Grundstück … für 460.000 € verkauft worden sei. Die Bewertung sei auf der Grundlage von Kaufpreisen für Vergleichsgrundstücke erfolgt. Diesem Bescheid fügte er einen Ausdruck des IPK bei.
Gegen den Grundbesitzwertbescheid legte die Klägerin Einspruch ein mit dem Begehren, den Grundbesitzwert entsprechend dem Gutachten auf 220.000 € festzustellen.
Während des Einspruchsverfahrens forderte der Beklagte den Gutachterausschuss für Grundstückswerte … (künftig GAG) auf, für das streitige Grundstück Vergleichspreise mitzuteilen. In seiner Anfrage gab er an, das Grundstück weise folgende Grundstücksmerkmale auf: …
Der GAG beschloss … Vergleichspreise für das streitige Grundstück. Auf die Mitteilung … wird Bezug genommen. Aus den mitgeteilten Vergleichsobjekten ergibt sich ein Wohnflächenpreis in Höhe von …, was bei der vorliegenden Wohnfläche … zu einem abgerundeten Betrag in Höhe 480.000 € führen würde.
Zudem forderte der Beklagte eine baufachliche Stellungnahme des amtlichen Bausachverständigen an zur Prüfung, ob das Gutachten als Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts anerkannt werden könne. Daraufhin führte der amtliche Bausachverständige eine äußere Inaugenscheinnahme durch und gab … Stellungnahmen - auf deren Inhalt Bezug genommen wird - ab, mit dem Ergebnis, dass der Wert von 220.000 € nicht als Verkehrswert zugrunde gelegt werden könne.
Im Einspruchsverfahren vertrat die Klägerin die Auffassung, die vom GAG mitgeteilten Vergleichspreise dürften nicht verwendet werden. In der Mitteilung des GAG werde darauf hingewiesen, dass der Reparaturstau unberücksichtigt geblieben sei. Die … Risse in der Fassade seien ebenfalls nicht einbezogen worden. Die Anfrage an den GAG habe sich zudem auf ein Objekt mittleren Standards bezogen, vorliegend gehe es aber um ein Objekt mit einfachem Standard. Das Abfrageergebnis des GAG von 13 Objekten würde sich damit auf lediglich 2 reduzieren (laufende Nummer 8 und 12), wobei die noch verbleibenden Objekte eine Unterkellerung aufwiesen und damit schon per se nicht mehr mit dem Vergleichsobjekt ausreichend identisch und vergleichbar seien.
Zudem sei fraglich, ob für die Bewertung überhaupt von einem bebauten Grundstück auszugehen sei. Der Sachwert des Gebäudes tendiere durch … die Bauschäden gegen 0 €. Vor dem Hintergrund des Alters der Immobilie und der bestehenden Negativfaktoren stelle sich dem allgemeinen Marktteilnehmer die Frage, ob ein solch wertvolles Grundstück nicht besser mit einem Neubau versehen werde.
Die Regelung des § 198 Bewertungsgesetz (BewG) sei nur zugunsten des Steuerpflichtigen anzuwenden.
Der Verkaufserfolg dürfe keinen Einfluss auf die Wertfindung … haben. Durch das Stichtagsprinzip werde sichergestellt, dass Wertsteigerungen nach dem Vermögensübergang/Eigentumswechsel nicht in die steuerliche Bewertung miteinflössen. Es stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, wenn die Klägerin gegenüber denjenigen Steuerpflichtigen bewertungsrechtlich benachteiligt würde, die ihr Grundstück nicht veräußerten. Das...