Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Kraftfahrzeugbesteuerung von sog. „echten” Wohnmobilen für die Zeit ab dem 01.01.2006 zulässig
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Änderung der Bemessungsgrundlage i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG liegt auch vor, wenn sich die Kfz-steuerrechtliche Einordnung des Fahrzeugs ändert.
- Bei der Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG ist nicht lediglich die Neufestsetzung der Kfz-Steuer für den Zeitraum nach Ergehen des betreffenden Kfz-Steuersatzes erlaubt, sondern ggf. auch die rückwirkende Festsetzung von dem Zeitpunkt an, in dem sich die Bemessungsgrundlage oder der einschlägige Steuersatz geändert haben.
- Die rückwirkende Kfz-Besteuerung von sog. „echten” Wohnmobilen für die Zeit ab 1.1.2006 ist zulässig.
Normenkette
KraftStG §§ 12, 8
Streitjahr(e)
2006
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Besteuerung eines Wohnmobils.
Der Kläger ist Halter eines Wohnmobils. Das zulässige Gesamtgewicht des Wohnmobils beträgt 3400 kg. Das Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor mit einem Hubraum von 2800 Kubikzentimeter. Das Finanzamt setzte die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug zunächst nach den für andere Fahrzeuge im Sinne des § 8 Nr. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) geltenden Tarifs – Besteuerung nach dem zulässigen Gesamtgewicht – fest. Durch geänderten Bescheid vom 9. Juli 2007 setzte das Finanzamt die Kraftfahrzeugsteuer nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 b KaftStG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 21. Dezember 2006 fest und berechnete die Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2005 wie bisher nach dem zulässigen Gesamtgewicht und ab dem 1. Januar 2006 nach dem gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2a in Verbindung mit § 8 Nr. 1a KraftStG geltenden neuen Tarif.
Gegen den geänderten Kraftfahrzeugsteuerbescheid erhob der Kläger Einspruch, mit dem er die rückwirkende Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer zum 1. Januar 2006 beanstandete. Die Rückwirkung sei verfassungsrechtlich nicht zulässig und verstoße gegen das Prinzip der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und verletze das Vertrauen der Bürger. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Neuregelung der Wohnmobilbesteuerung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Zwar sei die gesonderte Wohnmobilbesteuerung durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 21. Dezember 2006 rückwirkend geregelt worden. Darin liege jedoch keine gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verstoßende unzulässige Rückwirkung. Dies gelte schon deswegen, weil die Sonderregelung für Wohnmobile gegenüber der nach Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO entstandenen Rechtslage keine Verschlechterung darstelle. Denn die nunmehr grundsätzlich nach dem Gewicht und nach Schadstoffklassen zu bemessende Kraftfahrzeugsteuer für echte Wohnmobile führe gegenüber der für Personenkraftwagen geltenden Hubraumbesteuerung regelmäßig zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung. Im Übrigen wäre ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot auch dann zu verneinen, wenn man von einer unechten Rückwirkung des Gesetzes im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausginge. Eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung liege nicht vor, wenn der Bürger auf den Fortbestand einer geltenden Rechtslage nicht habe vertrauen dürfen. Dies treffe auf den Zeitraum ab Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO zu, weil damit die Grundlage der Rechtsprechung des BFH für die steuerlich günstige Behandlung der Wohnmobile mit über 2800 kg zulässigem Gesamtgewicht entfallen sei. Hinzu komme, dass der Entwurf des Gesetzes zur Änderung kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Vorschriften auch hinsichtlich der Wohnmobilebesteuerung bereits vor dem 1. Mai 2005 in den Bundesrat eingebracht worden sei. Insoweit habe es auch bereits sehr früh entsprechende Informationen in den Medien gegeben.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Klage. Er hält daran fest, dass die durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vorgenommene Neuregelung der Wohnmobilbesteuerung verfassungswidrig sei. Insoweit liege eine echte Rückwirkung vor, die gegen das Prinzip der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und das Vertrauen der Bürger verstoße. Im Fall des Klägers habe sich auch für den Zeitraum ab 1. Januar 2006 eine höhere jährliche Steuer ergeben, so dass der Hinweis des Beklagten, die Neuregelung führe regelmäßig zu einer niedrigeren Kraftfahrzeugsteuer nicht durchgreife. Die Steuerbürger hätten auch auf den Fortbestand der geltenden Rechtslage vertrauen dürfen. Dem stünden weder der Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO noch der bereits vor dem 1. Mai 2005 in den Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf zur Änderung der Kraftfahrzeugsteuer entgegen. Denn der Gesetzentwurf habe einen völlig anderen Inhalt gehabt als die im Dezember 2006 beschlossene Version des Änderungsgesetzes. In diesem seien diverse Regelungen festgeschrieben worden, die in dem ursprün...