Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsteuer: Laufender Anmeldungszeitraum im Sinne von § 10 Abs. 4 VersStG
Leitsatz (redaktionell)
- Anmeldungszeitraum für die Versicherungsteuer ist der Kalendermonat. Die Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
- „Laufender Anmeldungszeitraum” i. S. von § 10 Abs. 4 VersStG ist nicht der letzte Anmeldungszeitraum der Außenprüfung. Vielmehr ist der aktuelle Anmeldungszeitraum bei Abschluss der Außenprüfung gemeint.
Normenkette
VersStG § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 4
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2002, 2003
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob ein Versicherungsteuerbescheid geändert werden konnte.
Die …versicherungs-AG, deren Gesamtsrechtsnachfolgerin die Klägerin ist, betrieb eine Kraftfahrzeug-Versicherung.
In der Zeit vom 4. April 2005 bis zum 28. April 2006 fand durch das damals zuständige Finanzamt H. bei der Klägerin eine Versicherungssteuer-Außenprüfung statt. Der Prüfungsbereicht enthält drei verschiedene Feststellungen: Die …versicherungs-AG habe nach Änderung der Steuersätze zum 1.1.2002 diese zunächst nicht richtig angewandt. Es sei nicht auf die für schuldrechtliche Fälligkeit der Prämien, sondern auf die technische Fälligkeit abgestellt worden. Daraus ergebe sich ein Versicherungsteuer-Nacherhebungsbetrag von 23.660,27 €. Weiterhin seien im Rahmen eines Vertrages Selbstbeteiligungen unrichtig behandelt worden. Schließlich sei eine Courtage-Vereinbarung nicht anzuerkennen.
Mit Datum vom 27. April 2006 erließ das Finanzamt H. einen Haftungsbescheid, nach dem die Klägerin für einen Betrag in Höhe von 148.609,62 € haftet. Der Haftungsbetrag wurde durch den Einspruchsbescheid vom 20. Dezember 2006 auf 118.341,14 € herabgesetzt, weil das Finanzamt den Prüfungspunkt der Courtage-Vereinbarung fallen ließ. Im Rahmen des anschließenden Klageverfahrens 11 K 51/07 hob der 11. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts den Haftungsbescheid mit Urteil vom 8. Januar 2009 auf, weil das Finanzamt nicht erkannt habe, dass es sich um eine Ermessensentscheidung gehandelt habe.
Im Anschluss daran erließ das Finanzamt H. mit Datum vom 17. Februar 2009 gegenüber der Klägerin einen Versicherungsteuer-Nachforderungsbescheid für den Monat Dezember 2003, in dem es die Versicherungsteuer für den Monat Dezember 2003 um 118.341,14 € heraufsetzte. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Im Verlaufe des sich anschließenden Klageverfahrens ging die Zuständigkeit auf der Passivseite auf den jetzigen Beklagten, das Bundeszentralamt für Steuern, über. Dieser half der Klage mit Änderungsbescheid vom 14. April 2011 teilweise ab und minderte den Nachforderungsbetrag auf nunmehr lediglich 23.660,27 €. Streitgegenstand ist damit nur noch die unzutreffende Anwendung der Steuersätze nach dem 1.1.2002.
Die Klägerin räumt ein, dass materiell-rechtlich die Rechtsauffassung des Beklagten, die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe nach der Änderung der Steuersätze zum 1.1.2002 teilweise die unrichtigen Steuersätze angewandt, zutreffend sei. Sie hält den Nachforderungsbescheid jedoch aus formellen Gründen für rechtswidrig.
Der Beklagte habe nicht beachtet, dass die Inanspruchnahme eines Versicherers nicht durch einen Nachforderungsbescheid, sondern allein durch Haftungsbescheid möglich sei. Steuerschuldner sei der Versicherungsnehmer, der Versicherer habe die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten. Ein Auswahlermessen habe das Finanzamt auch weiterhin nicht ausgeübt.
Hinzu komme, dass das Finanzamt sein Ermessen rechtlich bindend dahingehend ausgeübt habe, die Klägerin als Haftungsschuldnerin in Anspruch zu nehmen. Insofern könne es das Wahlrecht nunmehr nicht anderweitig ausüben.
Schließlich seien die Versicherungsteuerbeträge für die Jahre 2000–2002 bestandskräftig festgesetzt worden. Für 2003 hätten sich keine abweichenden Feststellungen ergeben. Es fehle auch an einer Änderungsmöglichkeit, weil das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung im Haftungsbescheid vom 27. April 2006 aufgehoben habe.
Die Klägerin beantragt,
den Versicherungsteuerbescheid Dezember 2003 vom 17. Februar 2009 in der Gestalt vom 14. April 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf eine Entscheidung des BFH, wonach der Versicherer die Steuerschuld für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten habe. Werde der Versicherer als Entrichtungsschuldner in Anspruch genommen, brauche kein Ermessen ausgeübt werden.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass eine Änderungsvorschrift gegeben sei. Da der Haftungsbescheid aufgehoben worden sei, sei auch die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung aufgehoben worden. Im Übrigen würden die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vorliegen. Die unrichtige Benennung der Änderungsvorschrift sei unerheblich.
Die Annahme, dass der Beklagte an die einmal getroffene Entscheidung, einen Haftungsbescheid zu erlassen, gebunden sei, sei unrichtig.
Der Be...