Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnerzielungsabsicht bei Reitbetrieb im Aufbau
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Frage eines einheitlichen Gewerbebetriebs bei einem Pferdehaltungs- und Reitschulbetrieb.
- Zum Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht in Form eines Totalgewinns.
- Zwar sind dauernde Verluste ein Indiz gegen eine Einkunftserzielungsabsicht. Daraus auf Liebhaberei zu schließen ist aber nur gerechtfertigt, wenn aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich ist, dass der Stpfl. die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt.
- Ist ein Betrieb trotz anfänglicher Verluste nicht als von Anfang an als unrentabel, sondern als steuerliche Einkunftsquelle zu beurteilen, so spricht das für eine positive Totalgewinnprognose.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, § 12
Streitjahr(e)
2004, 2005, 2006
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Verlusten aus einem im Aufbau befindlichen Reitschul , Pferdepensions , Pferdezucht und Reittherapiebetrieb.
Die Kläger sind verheiratet. Sie haben zwei Töchter und wurden für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als Allgemeinarzt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Seit dem 1. April 2002 bezieht er eine Altersrente. Die Klägerin ist ausgebildete Pferdewirtin, Landwirtin und Krankengymnastin. Seit 1992 verfügt sie über eine Zusatzqualifikation für Hippotherapie (therapeutisches Reiten). Als freiberuflich tätige Krankengymnastin erzielt sie Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Sie betrieb ihre Praxis zunächst in X-Stadt. Sie hielt in dieser Zeit drei Pferde, die in angemieteten Ställen untergebracht waren.
Die Klägerin hatte in ihren Einkommensteuererklärungen ab 1999 vorweggenommene Betriebsausgaben als Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft geltend gemacht. Die Kosten setzten sich aus den Aufwendungen für Pferdebedarf (z. B. Futtertrog, Abschreibungen für einen 1999 erworbenen Pferdeanhänger, Rücklagen für drei Weidehütten, Stallplatten und Fachbücher) sowie aus Rechtsanwalts und Gerichtskosten zusammen.
Daneben erklärte sie seit dem Jahre 1999 auch vorweggenommene Betriebsausgaben für einen Gewerbebetrieb „Pferdepension”. In diesen Betriebsausgaben waren u. a. die Kosten für die Stallunterbringung der drei Pferde, für den Tierarzt, den Schmied und für Pferdesportartikel enthalten. In der Gewinnermittlung 2002 wurden Rücklagen für Sättel und Zaumzeug, Therapiegurt, sechs Pferde und Reithallenausstattungen gewinnmindernd geltend gemacht.
Am 1. April 2003 erwarben die Kläger das Objekt Y. Auf diesem Grundstück befinden sich mehrere Wohngebäude, eine Reithalle, ein Stallgebäude, ein Reitplatz, eine Weidefläche sowie eine zusätzliche Weide. Die Kläger teilten das Grundstück in elf Einheiten, und zwar in drei Teileigentumsanteile (Arzt/Krankengymnastikpraxis und Reithalle) sowie acht Wohnungseigentumsanteile, auf. Der Kläger wurde Eigentümer der Wohnungen 1, 3, 5 und 6 sowie des Teileigentums Krankengymnastikpraxis. Die Klägerin wurde Eigentümerin der Wohnungen 4, 8, 9, 10 sowie der Teileigentume Arztpraxis und Reithalle. Die zwei im Haupthaus befindlichen Wohnungen 3 und 4 veräußerten sie nachfolgend an die Töchter. Sie vermieteten mehrere Wohnungen. Die Klägerin richtete zunächst drei Pferdeboxen auf dem Hofgelände sowie sieben weitere Pferdeboxen in einem von einem Nachbarn angemieteten Stall ein. Später richtete sie weitere Boxen auf ihrem Grundstück ein, und beendete die Anmietung der sieben Boxen.
Sie erwarb im Jahr 2002 eine Zuchtstute und im Jahre 2003 ein Pony. Eine ebenfalls im Jahre 2003 gekaufte Zuchtstute und die vier ab 2004 geborenen Fohlen wurden in den Jahren 2007/2008 verkauft. Im Jahre 2004 erwarb die Klägerin zwei Reitpferde und ein Pony. Ein Reitpferd wurde 2006 wieder veräußert.
Seit dem Jahre 2003 ist die Krankengymnastikpraxis der Klägerin auf dem Grundstück Y untergebracht.
Die Klägerin erklärte Verluste aus Gewerbebetrieb unter der Bezeichnung „Reit und Zuchtbetrieb” in Höhe von ./. 25.636 € (2004), ./. 31.044 € (2005) und /. 32.994 € (2006). Sie erklärte Betriebseinnahmen in Höhe von 36.777,66 € (2004), 22.109,89 € (2005) und 23.964,22 € (2006). Die Einnahmen setzten sich aus einer sog. Kostenbeteiligung Krankengymnastik-Praxis, der Auflösung von Ansparrücklagen und der Miete für die Wohnung Nr. 6 sowie erstatteter Umsatzsteuer zusammen. Erlöse aus Reitunterricht erzielte die Klägerin in 2005 in Höhe von 310 € und in 2006 in Höhe von 7543 €. Mit der Begründung, dass auch Pferde für die Hippotherapie ausgebildet würden, machte die Klägerin in der Gewinnermittlung für die Krankengymnastik-Praxis 25 % der Kosten der Pferdehaltung geltend: 9.098 € (2003) 11.905 € (2004), 11.156 € (2005) und 7.618 € (2006).
Der Beklagte (das Finanzamt FA) folgte diesen Angaben und setzte Einkommensteuer für die Streitjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs.1 Der Abgabenordnung (AO) fest. Im...