Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Steuerbescheides nach Ablauf der Festsetzungsfrist bei widerstreitender Steuerfestsetzung. Einkommensteuer 1979

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.09.1998; Aktenzeichen IV R 65/96)

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid 1979 vom 24. Februar 1992 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 9. September 1992 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs abzuwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erzielte Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, den er bis zum Jahresende 1978 von seinem Vater gepachtet hatte und der ihm zum 1. Januar 1979 in vorweggenommener Erbfolge übertragen worden war.

Der Kläger ermittelte die Einkünfte bis zum 30. Juni 1981 nach § 13 a Einkommensteuergesetz (EStG) und in der Folgezeit nach § 4 Abs. 1 EStG. Aufgrund eines von seinem Vater mit der Deutschen Bundesbahn zum Ende des Jahres 1978 geschlossenen Vertrages über die Zahlung einer Entschädigung für die Aufgabe der Nutzungsrechte an einem privaten Bahnübergang und die damit verbundenen betrieblichen Wirtschaftserschwernisse erhielt der Kläger im Januar 1979 u.a. eine Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse in Höhe von 326.156 DM. Weder der Vater des Klägers noch der Kläger selbst erfaßten die Entschädigung als Betriebseinnahme.

Nach einer Außenprüfung ging der Beklagte davon aus, daß der Anspruch auf die Entschädigung bereits im Jahre 1978 entstanden sei und zusammen mit einem Schuldposten „Rücklage für erhöhte Aufwendungen aufgrund von Wirtschaftserschwernissen” mit der Betriebsübertragung auf den Kläger übergegangen sei. Dieser Schuldposten sei beim Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG in der Anfangsbilanz auszuweisen und entsprechend Abschn. 131 Abs. 3 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) zeitanteilig zu versteuern.

Die daraufhin ergangenen Änderungsbescheide 1981 bis 1983 wurden durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. November 1990 IV R 131/89 insoweit aufgehoben, als die Entschädigung zeitanteilig gewinnerhöhend versteuert worden war. In dem Urteil führte der BFH aus, die Entschädigung sei im Wirtschaftsjahr der Vereinnahmung 1978/79 nicht durch den Ansatz des Grundbetrages gemäß § 13 a Abs. 4 EStG abgegolten. Vielmehr sei die Entschädigung als Einnahme im Zuschlagsbereich gemäß § 13 a Abs. 8 EStG (§ 13 a Abs. 6 EStG 1974) zu erfassen. Im Billigkeitswege komme allerdings eine Verteilung der Entschädigung auf 20 Jahre in Betracht.

Daraufhin änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 1979 durch Einkommensteuerbescheid vom 24. Februar 1992 gemäß § 174 Abgabenordnung (AO) und erfaßte den halben Entschädigungsbetrag. Mit dem Einspruchsbescheid vom 9. September 1992 ging der Beklagte von einer Verteilung der Entschädigung auf 20 Jahre aus. Für das Streitjahr wurde ein anteiliger Betrag in Höhe von 16.308 DM gewinnerhöhend erfaßt.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger tragen vor, die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO seien nicht gegeben. Anläßlich der Einkommensteuerveranlagung 1979 sei nicht strittig gewesen, daß die Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse nicht zuschlagspflichtig sei. Der Beklagte habe die Entschädigung auch nicht deshalb zuschlagsfrei gelassen, um sie in späteren Wirtschaftsjahren gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Bei Durchführung der Veranlagung 1979 habe der Beklagte auch noch gar nicht wissen können, ob jemals innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren eine Übergangsbilanz aufzustellen gewesen sei. Er habe deshalb auch nicht aus diesem Grunde die Entschädigung von einem Zuschlag ausgenommen. Der einzige Grund sei die durch die Einkommensteuerrichtlinien gedeckte Rechtsauffassung gewesen, nach der die Entschädigung mit dem Grundbetrag abgegolten und deshalb nicht zuschlagspflichtig sei. Es fehle an der erforderlichen Verknüpfung zwischen dem Begehren im Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1981 bis 1983, wo es um die Bildung und spätere Auflösung einer Rücklage in der Übergangsbilanz gegangen sei, und der nur für das Wirtschaftsjahr 1978/79 relevanten Erkenntnis des BFH in jenem Rechtsstreit, daß Entschädigungen für Wirtschaftserschwernisse bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen zuschlagspflichtig seien. Im übrigen seien die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 letzter Satz in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 AO nicht gegeben. Zudem stehe § 176 Abs. 2 AO einer Änderung des Einkommensteuerbescheides 1979 entgegen. Der BFH habe die Regelung in Abschn. 131 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStR als rechtswidrig beurteilt. Dies dürfe nicht zuungunsten der Kläger berücksichtigt werden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1979 vom 24. Februar 1992 in der Fassung des Einspruchsbesch...

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