Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze einer Schulcafeteria nach EU-Recht steuerfrei
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Normzweck des § 4 Nr. 23 UStG.
- Umsätze eines privaten Fördervereins aus dem Betrieb einer Schulcafeteria sind nicht nach § 4 Nr. 23 UStG steuerbefreit, denn nicht der Förderverein, sondern das Gymnasium der Stadt verfolgt die in § 4 Nr. 23 UStG genannten Ausbildungszwecke.
- Der Förderverein kann sich aber unmittelbar auf Gemeinschaftsrecht berufen: Danach sind die Umsätze aus dem Betrieb der Schulcafeteria steuerfrei, denn die Verpflegungsleistungen sind „eng verbundene Dienstleistungen” i. S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL.
Normenkette
MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. i
Streitjahr(e)
1995, 1996, 1997, 1998, 1999
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsätze des Klägers aus dem Betrieb einer Schulcafeteria nach § 4 Nr. 23 UStG steuerbefreit sind.
Der Kläger betrieb von Dezember 1994 bis einschließlich Februar 1999 in den Räumen des K.-Gymnasiums in der Stadt S. eine Cafeteria, in der Schüler und Lehrer mit Speisen und Getränken versorgt wurden. Die Cafeteria war notwendig geworden, um die Schule als offene Ganztagsschule führen zu können.
Die Stadt S. bestätigte am 21. Juli 1998, dass der Betrieb der Cafeteria in ihrem Interesse durchgeführt wird und etwaige Gewinne in die Schule zurückfließen (Erwerb von Einrichtungsgegenständen für die Cafeteria oder den allgemeinen Schulbetrieb).
Der Beklagte behandelte die Einnahmen als steuerpflichtig mit der Begründung, dass die Verbundleistung „Verpflegung” als typische Leistung gewerblicher Prägung bereits ihrem Wesen nach nicht unter die Befreiungsnorm des § 4 Nr. 23 UStG (Aufnahme der Schüler zu Erziehungs- und Bildungszwecken) falle. Außerdem erfolge die Aufnahme der Schüler zu Erziehungs- und Bildungszwecken durch den Schulträger (Stadt S.) und nicht durch den Verein.
Hiergegen wendet sich der Kläger. Er trägt vor, die Aufnahme der Schüler zu Erziehungs- und Ausbildungszwecken durch den Schulträger würde auf ihn als Erfüllungsgehilfen durchschlagen mit der Folge, dass die Steuerbefreiung auch für ihn gelte.
Mit Richterbrief vom 17.01.2007 regte der Berichterstatter unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 28.06.2006 (V R 57/05, DStRE 2007, 371 – steuerfreie Abgabe von Essen durch das Studentenwerk) an, den Kläger klaglos zu stellen.
Der Beklagte lehnt dies ab. Er trägt vor, dass die Bestimmung des Art. 13 Teil A Abs.1 Buchst. i der 6. EG-Richtlinie, auf deren unmittelbare Anwendung der BFH sich stütze, die Steuerbefreiung einer Schulspeisung zwar nicht nur dann vorsehe, wenn sie durch eine Anstalt des öffentlichen Rechts erfolge, sondern auch dann, wenn diese Leistung durch eine „andere Einrichtung” mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung durchgeführt werde. Daran fehle es im Streitfall, weil dem Verein mit Bescheiden vom 30. Oktober 2001 die Gemeinnützigkeit und damit die Anerkennung der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts (K-Gymnasium) vergleichbaren Zielsetzung versagt worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer für die Jahre 1995 bis 1999 auf jeweils Null DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der Kläger kann den Anspruch auf Steuerbefreiung für die Verpflegungsleistungen an die Schüler und Lehrer unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (früher: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-Richtlinie) stützen.
1. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG kommt nicht in Betracht, weil nicht der Kläger, sondern das Gymnasium der Stadt S. die in § 4 Nr. 23 UStG genannten Ausbildungszwecke verfolgt.
Nach § 4 Nr. 23 Satz 1 UStG sind steuerfrei die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen durch Personen und Einrichtungen, wenn sie überwiegend Jugendliche für Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke oder für Zwecke der Säuglingspflege bei sich aufnehmen, soweit die Leistungen an die Jugendlichen oder an die bei ihrer Erziehung, Ausbildung, Fortbildung oder Pflege tätigen Personen ausgeführt werden. Jugendliche im Sinne dieser Vorschrift sind alle Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres (§ 4 Nr. 23 Satz 2 UStG 1993). Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Unternehmer den Personen, die bei den Leistungen nach Satz 1 tätig sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren (§ 4 Nr. 23 Satz 3 UStG). Die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung usw. ist nur dann gemäß § 4 Nr. 23 UStG 1993 steuerfrei, wenn dem Unternehmer selbst die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der aufgenommenen Jugendlichen obliegen. Er muss die Erziehungszwecke, Ausbildungszwecke oder Fortbildungszwecke zwar nicht allein verfolgen; es reicht aber auch nicht aus, dass sie lediglich von einem Dritten verfolgt werden (BFH-Urteil vom 28. September 2006 V R 57/05, UR 2007, 108 m.w.N.)
2....