Leistungen eines Präventions- und Persönlichkeitstrainers

Das FG Berlin-Brandenburg hat zur steuerlichen Behandlung der Leistungen eines Präventions- und Persönlichkeitstrainers an schulpflichtige Kinder entschieden.

Das FG Berlin-Brandenburg kam zu dem Ergebnis: Die an schulpflichtige Kinder und Jugendliche an Schulen erbrachte Tätigkeit eines selbstständigen Präventions- und Persönlichkeitstrainers ist nicht steuerfrei nach deutschem Recht. Jedoch kann sich der Trainer auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL für "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen" berufen. Der Trainer kann als Einzelunternehmer als eine "andere Einrichtung … mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL" anerkannt werden.

Präventionstraining im Kindergarten und in Schulen

Worum ging es in dem entschiedenen Fall? Der klagende Präventions- und Persönlichkeitstrainer ist Mitglied eines gemeinnützigen Vereins. Der Kläger tritt als "Teamleiter" von neun Kursleitern auf. Diese tätigen verschiedene Kinderbewegungsprogramme sowie Präventionstraining im Kindergarten, in der Grundschule und in weiterführenden Schulen. Bei den Kursen an Schulen finden Klassenprojekte und sog. "offene Kurse" statt. Nur bei den Klassenprojekten fanden die Kurse während der Unterrichtszeiten statt und die Teilnahme war verpflichtend.

Nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtsgang sind die genannten Umsätze des Klägers weder nach nationalem noch nach EU-Recht steuerfrei. Der BFH hat das entsprechende FG-Urteil zur Umsatzsteuer 2010 aufgehoben und an das FG zurückgewiesen (BFH, Urteil v. 15.12.2021, XI R 3/20).

Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL

Die an schulpflichtige Kinder und Jugendliche an Schulen erbrachte Tätigkeit eines selbstständigen Präventions- und Persönlichkeitstrainers ist für das Jahr 2010 nicht steuerfrei nach deutschem Recht. Jedoch greift die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL für "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen".

Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. b UStG ist nicht gegeben, weil der Kläger weder als Ersatzschule genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt wurde noch eine gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG entsprechende Bescheinigung vorgelegt hat. Auch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. aa UStG kommt nicht in Betracht, da die streitigen Leistungen nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen. Auch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG in der Fassung bis zum 31.12.2019 kommt nicht in Betracht.

Zwar greift die Steuerbefreiung des Art 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL für den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht nicht, da der Unterricht vorliegend nicht von dem Kläger selbst als Privatlehrer durchgeführt wurde. Jedoch kann sich der Kläger auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen. Danach sind die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Dienstleistungen steuerbefreit, wenn sie durch mit solchen Aufgaben betrauten Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere Einrichtungen mit vom betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung erbracht werden.

Nationale Regelung im JStG 2020

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum nationalen § 4 Nr. 23 UStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) v. 21.12.2020 umfasst der Begriff der Erziehung von Kindern und Jugendlichen die gesamte geistige, sittliche und körperliche Erziehung (insbesondere die altersgerechte Sprach- und Wissensvermittlung, die Vermittlung von sozialen Kompetenzen und Werten. Der Präventionsunterricht des Klägers dient der geistigen und sittlichen Entwicklung der Kinder und trägt zur Willens- und Charakterbildung bei. Der Kläger vermittelt auch über eine bloße Wissensvermittlung hinaus soziale Kompetenzen und Werte. Die Vermittlung dieser Fähigkeiten ist Teil des gesetzlichen Erziehungsauftrags und insofern auch im Lehrplan der Schulen verankert.

Auch eine natürliche Person – wie der Kläger – kann eine oben genannte Einrichtung im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL sein (BFH, Urteil v. 24.2.2021, XI R 30/20). Für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung gibt es auf nationaler Ebene kein förmliches Verfahren. Vorliegend lässt sich die Anerkennung aber daraus ableiten, dass die Schulen dem Kläger überhaupt ermöglichen, an den Schulen Kurse zu geben. Zuvor hatten die Schulen sowohl die persönliche Kompetenz geprüft als auch das Konzept. Auch besteht für die Kurse eine indirekte Kostenübernahme durch die kostenlose Zurverfügungstellung von Ressourcen der Schulen (Räumlichkeiten, organisatorische Unterstützung), die die Herstellung des Kontakts zwischen dem Kläger und den Schülern ermöglicht. Auf die Frage, wer Vertragspartner des Unternehmers und damit Leistungsempfänger im Rechtssinne ist, kommt es nicht an.

Ob der Kläger eine schädliche Gewinnerzielungsabsicht hat, kann für 2010 dahinstehen. Insoweit hat der Gesetzgeber sein Ermessen erst mit der Neuregelung des § 4 Nr. 23 UStG in der Fassung des JStG 2020 v. 21.12.2020 ausgeübt.

Keine Gewinnerzielungsabsicht

Nach dem neugestalteten § 4 Nr. 23 UStG i.d.F. des JStG 2020 dürfen andere Einrichtungen, deren Zielsetzung mit der einer Errichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist, keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Etwaige trotzdem anfallenden Gewinne dürfen nicht verteilt werden, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.1.2024, 7 K 7342/16

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