Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedeutung der niedersächsischen Mietspiegel für die Einheitsbewertung. Einheitsbewertung auf den 1. Jan. 1988 für das Grundstück …straße 6 in B.
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Einheitswertbescheides Wertfortschreibung vom 22. Februar 1989 und Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 14. Februar 1990 wird der Einheitswert auf den 1. Januar 1988 für das Grundstück … str. 6 in B. auf 252.000 DM festgesetzt.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe der an den Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, sofern der Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 413 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die im Mietspiegel des Beklagten (Bekl.) ausgewiesene Miete für freifinanzierten nicht preisgebundenen Wohnraum den Marktverhältnissen des Hauptfeststellungszeitpunkts gerecht wird.
Der Kläger (Kl.) ist seit 1987 Eigentümer des Grundstücks A. Straße 6 in B. Das Grundstück ist mit einem im Jahre 1963 errichteten Mietshaus mit acht Wohnungen bebaut, für das seinerzeit öffentliche Mittel in Anspruch genommen wurden. Auf den 1. Jan. 1964 ist das Grundstück als Mietwohngrundstück mit einem im Ertragswertverfahren ermittelten Einheitswert von 183.900 DM bewertet worden. Berechnet wurde dieser Wert aus der damals zulässigen und tatsächlich auch gezahlten Miete von 1,96 DM/m² zuzüglich einer Erhöhung um 12 v.H. wegen Grundsteuerbegünstigung gem. § 79 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG). Mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. Nov. 1987 teilte das Amt für Wohnungswesen der Stadt B. mit, daß für vier der in dem Haus befindlichen Wohnungen die öffentliche Förderung auslaufe und die Eigenschaft „öffentlich gefördert” mit dem 31. Dez. 1987 ende. Wegen des damit verbundenen Wegfalls der Mietpreisbindung führte das Finanzamt (FA) mit Bescheid vom 22. Febr. 1989 eine Wertfortschreibung auf den 1. Jan. 1988 durch und setzte darin den Einheitswert auf 276.600 DM fest. In diesem Wert sind die vier Wohnungen, für die die öffentliche Förderung ausgelaufen ist, mit einem Mietzins von 4,45 DM/m²eingeflossen. Errechnet hat das FA diesen Mietzins aus seinem für B. aufgestellten Mietspiegel der Ausstattungsklasse IV (gute Ausstattung) und der Spalte g (steuerbegünstigte selbstverantwortlich gebildete und freifinanzierte Marktmiete), in der für ein Gebäude dieses Alters auf den 1. Jan. 1964 eine Marktmiete von 4,30 DM/m² ausgewiesen ist, und einem Zuschlag von 0,15 DM, weil das Gebäude mit einer Warmwasserheizung über ein Element der Ausstattungsklasse V (sehr gute Ausstattung) verfügt. Gegen den Ansatz dieses Mietwerts richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage, die der Kl. wie folgt begründet:
Es sei zwar richtig, daß nach dem Auslaufen der öffentlichen Förderung eine Wertfortschreibung durchzuführen sei und daß darin die Mietwerte zu berücksichtigen seien, die auf dem freien Wohnungsmarkt zu erzielen seien. Diese Wertansätze seien im Mietspiegel des FA jedoch nicht zutreffend wiedergegeben. Der dort ausgewiesene Markmietzins von 4,30 DM/m² für freifinanzierten Wohnraum sei in B. im Jahre 1964 nie erzielt worden. Dies ergebe sich aus einer Sammlung von Mietpreisen der Firma W. (Bl. 57 der Steuerakten). Selbst im Jahre 1988 habe die Obergrenze für Objekte in guter Wohnlage nur bei 7,70 DM/m² gelegen. Für das streitige Grundstück ergebe sich – gemessen an den Werten des Jahres 1988 – eine Miete von 7 DM/m². Rechne man den Betrag mit Hilfe des Indexes, den das Statistische Bundesamt für Mieten im freifinanzierten Wohnungsbau veröffentlicht habe, auf die Werte von 1964 zurück, so gelange man auf einen Betrag von 2,52 DM/m². Falsch seien nicht nur die Ansätze für Marktmieten. So werde für das Streitobjekt in der angenommenen Ausstattungsklasse IV eine Kostenmiete von 2,90 DM/m² ausgewiesen. Tatsächlich hätten die Kosten für sein Objekt jedoch den im Bescheid auf den 1. Jan. 1964 ausgewiesenen Betrag von 1,96 DM/m² nicht überschritten. Neben dem reinen Zahlenwerk enthalte der Mietspiegel undifferenzierte Abgrenzungskriterien. Die Lage der zu bewertenden Grundstücke finde darin keine Berücksichtigung. So seien in der Ausstattungsklasse I (einfachste Ausstattung) Wohnungen mit „Brunnenversorgung, Grubenentwässerung, Trockenklosett oder Toilette außer Haus” enthalten. Für einen derart ausgestatteten freifinanzierten Wohnraum des Baujahres 1963 werde im Mietspiegel ein Wert von 2,60 DM/m² angesetzt. Das gehe jedoch schon deshalb völlig an der Realität vorbei, weil die Neuanlage von Brunnen zur Wasserversorgung in B. im Jahre 1963 verboten worden sei und es in der Inne...