vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinsstrafen können Betriebseinnahmen darstellen
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der BE gemäß §§ 4 Abs. 4, 8 Abs. 1 EStG.
- Subjektive Kriterien sind für die Beurteilung der betrieblichen Veranlassung ohne Bedeutung.
- Zur Abgrenzung zwischen betrieblicher und gesellschaftsrechtlicher Veranlassung.
- Eine Erzeugergemeinschaft in Form einer eingetragenen Genossenschaft, deren Unternehmensgegenstand der Handel mit Rohmilch und Molkereiprodukten ist und deren Zweck in der Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb liegt und die gegen ihre Mitglieder bei Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht laut Satzung eine Strafzahlung in Anknüpfung an die satzungswidrig nicht gelieferte Milchmenge verhängen kann, muss die von den Mitgliedern geleisteten Vereinsstrafen als BE erfassen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 8 Abs. 1; KStG § 8 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
2002
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob aufgrund der Satzung der Klägerin festgesetzte Strafgelder als Betriebseinnahmen zu erfassen sind.
Die Klägerin ist eine Erzeugergemeinschaft in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft, deren Zweck die Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb ist. Gegenstand des Unternehmens ist dabei insbesondere der Handel mit Rohmilch und Molkereiprodukten. Die dafür erforderliche Milch wird ausschließlich von den Mitgliedern an die Klägerin geliefert.
Die Satzung der Klägerin normiert in § 12 lit. h die Pflicht eines jeden Mitglieds, sämtliche in seinem landwirtschaftlichen Betrieb gewonnene und nicht zum unmittelbaren Verbrauch im eigenen Wirtschaftsbereich (Deputate und Haushalt) oder zur Fütterung der eigenen Haustiere benötigte Milch nach Maßgabe der jeweils geltenden Milchlieferungsordnung ausschließlich an die Klägerin zu liefern. Gemäß § 12 lit. k der Satzung hat jedes Mitglied „bei Verstößen gegen wesentliche Mitgliedschaftspflichten unbeschadet sonstiger Schadensersatzansprüche der Genossenschaft die festgesetzten Strafen zu bezahlen.” Bei Verstößen gegen die Milchlieferungspflicht wird konkret eine Strafzahlung von bis zu … Cent je kg der satzungswidrig nicht gelieferten Milchmenge vorgesehen. Details zur Milchlieferungspflicht und der damit verbundenen Strafzahlungen werden in Abschnitt IV der von der Klägerin erlassenen Milchlieferungsordnung geregelt. Nach deren Abschnitt IV Nr. 5 kann die Klägerin für die Berechnung der Strafzahlung die nicht gelieferte Milchmenge mit dem Durchschnitt der in den letzten 24 Monaten bis zur Einstellung der Lieferung angelieferten Milchmenge ansetzen. Gemäß § 39a der Satzung sind erhobene Strafgelder einer zu bildenden Kapitalrücklage zuzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Satzung verwiesen.
Im Streitjahr 2002 vereinnahmte die Klägerin Strafzahlungen aus der Verletzung der Milchlieferungspflicht in Höhe von … EUR. Die Zahlungen stellte sie erfolgsneutral in die Kapitalrücklage ein. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer 2002. Der Bescheid stand nach § 164 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Bei einer in 2007 durchgeführten Außenprüfung, welche auch die Körperschaftsteuer des Streitjahres umfasste, vertrat der Prüfer die Auffassung, die Strafzahlungen seien wie betrieblich veranlasste Vertragsstrafen zu behandeln und wirkten sich daher gewinnerhöhend aus. Das FA folgte dieser Ansicht und erließ einen entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid.
Dagegen wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Sie ist der Ansicht, die Strafzahlungen seien erfolgsneutral zu behandeln, da es sich um Einlagen der Mitglieder außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlage handele. Es seien nur Mitglieder der Klägerin von den Strafzahlungen betroffen, so dass deren Ursache im Gesellschaftsverhältnis zu suchen sei. Nichtmitgliedern könne eine Strafzahlung durch den Vorstand der Klägerin nicht auferlegt werden. Die Klägerin beruft sich außerdem auf die Regelung des § 8 Abs. 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG). Unter Beiträgen im Sinne der Vorschrift seien auch satzungsmäßig auferlegte Strafen zu verstehen. Die Strafzahlung könne nicht mit einer Vertragsstrafe verglichen werden, da die Vertragsstrafe ihre Grundlage in der Verletzung einer vertraglichen Handlungspflicht habe, die satzungsmäßige Vertragsstrafe hingegen ausschließlich auf der Mitgliedschaft in der Klägerin beruhe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2002 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 28. Februar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2009 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf 8.640 EUR und der Solidaritätszuschlag auf 475,20 EUR festgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er...