vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer-Vorauszahlung – Unberechtigter Steuerausweis
Leitsatz (redaktionell)
- Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag.
- Das gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er eine Lieferung oder Leistung nicht ausgeführt hat.
- Eine Rechnung muss nicht unterschrieben sein; die Unterschrift ist keine Voraussetzung i. S. des § 14c UStG.
- Für das „in den wirtschaftlichen Verkehr gelangen” einer Rechnung reicht es, wenn der Aussteller in Kauf nimmt, dass der Adressat von dem Papier als Rechnung Gebrauch macht.
Normenkette
UStG § 14c Abs. 2
Streitjahr(e)
2008
Tatbestand
Die Klägerin war als Einzelhandelsunternehmen im Kraftfahrzeughandel tätig. Sie führte regelmäßig Fahrzeuge in das Zollgebiet der europäischen Union ein, um diese dort weiter zu verkaufen. Im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs erwarb sie u.a. 75 Fahrzeuge Hummer H 3 in der Schweiz und veräußerte diese an die Firma „LA B.V.” in … in Holland. Anschließend verkaufte sie 27 Fahrzeuge Hummer H 3 an von ihr akquirierte Kunden. Nachdem die Kunden feststanden, hatte sie die entsprechenden Fahrzeuge bei der Firma LA B.V. in den Niederlanden eingekauft. Diese Geschäfte wurden ordnungsgemäß abgewickelt und versteuert.
Im September 2008 stellte der hierzu bevollmächtigte Mitarbeiter der Klägerin, Herr C, fünf an die „A- GmbH” (A- GMBH) in B adressierte Rechnungen über 5 Fahrzeuge Hummer H 3 aus und übersandte dieser die Rechnungen. In den Rechnungen war Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 12.025,29 € gesondert ausgewiesen.
Unter dem Datum vom 1. Oktober 2008 stellte Herr C eine Rechnung über netto 459.800 € zzgl. gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Höhe von 87.362 € über die Lieferung von 22 Fahrzeuge Hummer H 3 mit dem Rechnungsadressaten „A- GmbH” in B aus. Die Rechnung übersandte er Herrn L von der Firma LA B.V. nach Holland. Die Rechnung mit der Rechnungs-Nr. 218 war nicht unterschrieben. In ihrer Umsatzsteuervoranmeldung Oktober 2008 hatte die Klägerin einen entsprechenden Umsatz nicht erklärt.
Nach einer Fahndungsprüfung wurde auf dem firmeneigenen Rechnersystem der Klägerin im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen eine Datei der Rechnungs-Nr. 218 vom 1. Oktober 2008 festgestellt. Eine daraufhin vom Beklagte durchgeführte Sonderprüfung bei der A- GMBH ergab, dass in der dortigen Buchhaltung die Rechnung Nr. 218 der Klägerin vorlag und für diese im Voranmeldungsverfahren der Vorsteuerabzug geltend gemacht und gewährt worden war. Der Vorsteuerabzug wurde im Jahre 2009 gegenüber dem „A- GmbH” von der Steuerfahndung nicht anerkannt und rückgängig gemacht, weil in der von der Klägerin ausgestellten Rechnung kein Leistungszeitpunkt angegeben war. Der Beklagte erteilte der Klägerin mit Datum vom 24. August 2009 einen geänderten Bescheid über den Voranmeldungszeitraum Oktober 2008, in dem er die Umsatzsteuer aus der Rechnung vom 1. Oktober 2008 festsetzte. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, aufgrund der Rechnung vom 1. Oktober 2008 sei keine Umsatzsteuer festzusetzen. Entsprechende Lieferungen hätten nicht stattgefunden. Sie seien vielmehr zu ihrem Nachteil von dem Geschäftsführer der „A- GmbH”, Herrn … L, vorgetäuscht worden. Der Inhaber der LA B.V., Herr L, habe zunächst ihrem Mitarbeiter, Herrn C, mitgeteilt, dass er 5 Hummer H 3 an eine Firma A- GmbH in B veräußert habe. Er habe die Fahrzeuge jedoch nicht direkt an diese verkaufen, sondern über die Klägerin veräußern wollen. Deshalb habe er Herrn C gebeten, einen entsprechenden Vertrag mit der von ihm benannten A- GmbH zu schließen und die Fahrzeuge nach dort zu fakturieren. Herr C habe sich im Namen der Klägerin damit einverstanden erklärt und im September 2008 eine Rechnung über 5 Hummer H 3 an die A- GmbH in B ausgestellt und versandt. Kurze Zeit später habe Herr L Herrn C erneut angesprochen, dass er weitere 22 Hummer H 3 an die A- GmbH in B veräußern werde und ihn um die Ausstellung einer entsprechenden Rechnung gebeten. Da Herr C von der A- GmbH bis dahin weder etwas gehört, noch auf die vorherige Rechnung für September 2008 eine Reaktion erhalten habe, habe er lediglich den Entwurf einer entsprechenden Rechnung über 22 weitere Hummer H 3 übersandt. Diese Rechnung habe er nicht unterschrieben und auch nicht an den ihm mitgeteilten Rechnungsempfänger, die A- GmbH, sondern auf Bitten von Herrn L an die LA B.V. übersandt. Erst später habe sich durch die Auskünfte des Zollamtes herausgestellt, dass Herr L offensichtlich eine Lieferung an sie und die Geschäfte mit der A- GmbH vorgetäuscht gehabt habe. Tatsächlich seien die Fahrzeuge bei ihr nie angeliefert worden, offenbar aber von der LA B.V. nach Deutschland verbracht worden. Die LA B.V. habe eine T 1 zum Verbringen der Fahrzeuge ...