Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug: Zinszahlungen aus Darlehensverträgen mit minderjährigen Kindern
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Rechtsbehelf, der der äußeren Form nach von einer atypisch stillen Gesellschaft stammt, ist als von den Gesellschaftern eingelegt auszulegen.
- Zu den Anforderungen für die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen.
- Lassen die Vertragsparteien zivilrechtliche Formerfordernisse unbeachtet, spricht das gegen die Ernsthaftigkeit der getroffenen Vereinbarung. Das gilt erst recht, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften – insbesondere bei klarer Zivilrechtslage – angelastet werden kann.
- Wird ein Formfehler zeitnah nach seiner Aufdeckung behoben und entsprechen Verträge zwischen Eltern und Kindern inhaltlich dem unter Fremden Üblichen und werden die Verträge auch über Jahre hinweg vereinbarungsgemäß durchgeführt, so spricht das für einen ernsthaften Bindungswillen der Beteiligten.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Streitjahr(e)
1999, 2000, 2001, 2002, 2003
Tatbestand
Streitig ist die steuerrechtliche Anerkennung von Darlehensverträgen, die der Kläger zu 2) mit seinen minderjährigen Kindern ohne Einschaltung eines Ergänzungspflegers abgeschlossen hat.
Der Kläger zu 2) (GS) beteiligte sich zum 1. Januar 1996 als stiller Gesellschafter an dem Tischlereibetrieb des Klägers zu 1) (MS) mit einer Einlage von 150.000 DM. GS ist am Ergebnis, Vermögen und den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt. Neben den gesetzlichen Informations- und Kontrollrechten des stillen Gesellschafters „gem. § 344 HGB” (§ 233 Handelsgesetzbuch – HGB) stehen GS nach dem Gesellschaftsvertrag auch die Rechte der von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. einer offenen Handelsgesellschaft zu (§§ 716 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB, 118 HGB. Ferner bedarf MS zu bestimmten Geschäften der Zustimmung des GS.
MS und GS beschafften sich durch zahlreiche Darlehensverträge mit mehreren, auch volljährigen Angehörigen Mittel, die sie für betriebliche Zwecke einsetzten, darunter GS auch durch Verträge mit seinen in den Streitjahren minderjährigen Söhnen _ (M), geboren _, und _ (D), geboren _ Die privatschriftlichen Verträge mit M und D sind auf unbestimmte Zeit geschlossen und können mit dreimonatiger Frist zum Jahresende gekündigt werden. Die Zinsen in Höhe von 7 bzw. 8 v. H. sind zum 31. Dezember jeden Jahres zu entrichten. Die Verträge sind von GS und M bzw. D unterschrieben. GS und seine Ehefrau haben den Verträgen als gesetzliche Vertreter von M und D zugestimmt. Das Vermögen von M und D stammt aus einer Erbschaft vom Großvater.
Im Einzelnen geht es um folgende Darlehensverträge:
1. Verträge mit M
8. Januar 1999 |
40.000 DM |
1. November 2000 |
10.000 DM |
12. März 2001 |
10.000 DM |
22. Januar 2002 |
2.800 EUR |
31. Dezember 2002 |
3.000 EUR |
Darlehenssumme zum 31. Dezember 2003 |
36.477,52 EUR |
2. Verträge mit D
8. Januar 1999 |
40.000 DM |
1. November 2000 |
10.000 DM |
12. März 2001 |
10.000 DM |
22. Januar 2002 |
2.400 EUR |
31. Dezember 2002 |
2.400 EUR |
21. Juli 2003 |
2.000 EUR |
Darlehenssumme zum 31. Dezember 2003 |
37.477,52 EUR |
Im Anschluss an eine in der Zeit vom 1. Dezember 2003 bis 1. Februar 2004 durchgeführten Außenprüfung versagte der Beklagte (das Finanzamt) dem Prüfer folgend den Abzug der von GS an M und D gezahlten Darlehenszinsen als Sonderbetriebsausgaben, weil die Verträge zwar nach Inhalt und Durchführung dem unter Fremden Üblichen entsprächen, aber entgegen § 1629 Abs. 2 i. V. m. § 1795 Abs. 1, § 181 BGB ohne Mitwirkung eines Ergänzungspflegers abgeschlossen und damit zivilrechtlich unwirksam seien.
Während des Einspruchsverfahrens gegen die geänderten Feststellungsbescheide 1999 – 2002 und den erstmaligen Feststellungsbescheid 2003 genehmigten im November 2004 der inzwischen volljährige M die mit ihm und ein Ergänzungspfleger mit vormundschaftsgerichtlicher Billigung die mit D geschlossenen Verträge. Die von D gewährten Darlehen waren zuvor dinglich abgesichert worden.
Das Finanzamt entschied über die „im Auftrag der... Firma...” eingelegten Einsprüche und wies sie zurück. Hiergegen richtet sich die Klage „der Fa. MS atypisch stille Gesellschaft”.
Die Kläger meinen, die Zinsen seien als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Es seien schriftliche Verträge geschlossen worden, die auch nach Ansicht des Prüfers nach Inhalt und Durchführung dem unter Fremden Üblichen entsprächen. Die vereinbarten Zinsen seien unbar entrichtet worden. Die Darlehensmittel stammten aus dem Vermögen der Kinder und nicht aus Schenkungen der Eltern. Nachdem der Prüfer darauf hingewiesen habe, dass für die bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit der Verträge die Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger erforderlich sei, sei der Mangel umgehend behoben worden.
Die Klägerin beantragt,
die Feststellungsbescheide 1999 - 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu ändern und weitere Sonderbetriebsausgaben in Höhe von _ DM für 1999, _ DM für 2000, _ DM für 2001, _ € ...