rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ergänzungsbescheid – inhaltliche Bestimmtheit
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Beschränkung der Vollstreckung gem. § 278 Abs. 2 AO.
- Ein Ergänzungsbescheid muss – wie jeder andere VA - inhaltlich hinreichend bestimmt sein; d.h. der Regelungsinhalt des VA muss diesem eindeutig entnommen werden können.
- Bei einem Ergänzungsbescheid erfordert § 119 Abs. 1 AO Angaben zur unentgeltlichen Zuwendung selbst, zu deren Höhe und zum Jahr, in dem sie erfolgte.
- Sollen Zuwendungen aus verschiedenen Jahren die Duldungspflicht begründen, muss der Ergänzungsbescheid erkennen lassen, aufgrund welcher Zuwendung die Inanspruchnahme für welchen VZ erfolgen soll.
Normenkette
AO § 119 Abs. 1, § 278 Abs. 2, § 278
Tatbestand
Streitig ist, ob ein vom Beklagten erlassener Ergänzungsbescheid nach § 278 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) rechtmäßig ist.
Die Klägerin ist seit … 2003 mit E verheiratet und wurde seit dem Jahr 2003 zusammen mit ihm zur Einkommensteuer veranlagt. Zusammen haben sie drei zwischen 2003 und 2006 geborene Kinder.
Der Ehemann erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb …. Nach Aktenlage erzielte die Klägerin keine eigenen Einkünfte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 29. September 2006 erwarb die Klägerin das bebaute Grundstück … in A für einen Kaufpreis in Höhe von 250.000 €.
Die Finanzierung erfolgte über zwei Darlehensverträge jeweils vom 10. Oktober 2006 mit der X-Bank über 180.000 € und über 70.000 €. Den Vertrag über 180.000 € hatten die Klägerin und ihr Ehemann als Gesamtschuldner abgeschlossen, den Vertrag über 70.000 € nur der Ehemann. Die Tilgung der Darlehen sollte aus zu diesem Zweck gleichfalls am 10. Oktober 2006 abgeschlossenen Bausparverträgen erfolgen. In diesen ist jeweils (nur) der Ehemann als Bausparer angegeben.
Zudem erhielten die Klägerin und ihr Ehemann als Gesamtschuldner noch ein anfangs zinsloses Darlehen über 35.000 € von der N-Bank, das sie nach eigener Darstellung zur Finanzierung der Nebenkosten und der notwendigen Renovierungsarbeiten verwendeten. Das Darlehen sollte mit jährlich 2 % getilgt werden.
Ausweislich einer Meldebescheinigung der Stadt A zogen die Klägerin und ihr Ehemann zusammen mit ihren drei Kindern am 3. November 2006 in das Haus in A.
Am 10. April 2008 erließ der Beklagte einen Vorauszahlungsbescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2008 gegen die Eheleute, in dem er vierteljährliche Vorauszahlungen in Höhe von 2.775 € Einkommensteuer und 102 € Solidaritätszuschlag festsetzte.
Am 9. Mai 2008 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid 2005 gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann, aus dem sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 13.519,94 € ergab.
Im November 2008 eröffnete das Amtsgericht A das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ehemannes.
Am 30. Dezember 2008 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid 2007 für die Klägerin und ihren Ehemann, aus der sich eine Nachzahlung in Höhe von 9.887,21 € ergab. Den Bescheid für den Ehemann sandte der Beklagte an den Insolvenzverwalter.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2008 beantragte die Klägerin eine Aufteilung der Steuerschulden rückwirkend seit dem Jahr 2003.
Daraufhin erließ der Beklagte am 19. Mai 2008 einen Aufteilungsbescheid gemäß § 279 AO für Einkommensteuer 2003, 2004, 2005, 2007 und 2008, in dem er ein Aufteilungsverhältnis von E 100%, Klägerin 0% ermittelte.
Mit Datum vom 9. September 2008 erließ der Beklagte gegen die Klägerin einen Ergänzungsbescheid zum Aufteilungsbescheid vom 19. Mai 2008 (künftig Ergänzungsbescheid), in dem er feststellte, dass außer dem im Aufteilungsbescheid bezeichneten Betrag von 0 € die Vollstreckung gegen die Klägerin wegen eines weiteren Betrages in Höhe von 82.488,07 € zulässig sei. Er führte aus, die Klägerin habe in oder nach dem Veranlagungszeitraum, für den noch Steuerrückstände bestünden, von ihrem Ehemann unentgeltliche Vermögensgegenstände zugewendet bekommen. Der gemeine Wert dieser Gegenstände betrage mindestens 82.488,07 €. In Höhe dieses Betrages könne die Klägerin für die anteilige rückständige Steuer, über den Betrag hinaus, der im Aufteilungsbescheid bezeichnet sei, in Anspruch genommen werden. Der Klägerin seien folgende Vermögensgegenstände unentgeltlich zugewandt worden:
Bezeichnung der Gegenstandes |
zugewendet am |
Gemeiner Wert |
Darlehn X-Bank Konto-Nr. 690 24412 60 Kreditnehmer E |
01.11.2006 |
70.000,00 € |
Darlehn X-Bank Konto-Nr. 680 95918 60 Kreditnehmer E und Klägerin |
01.11.2006 |
12.488,07 € |
|
Summe |
82.488,07 € |
Der Betrag von 82.488,07 € entspricht dem aus einer Rückstandsanzeige auf den 9. September 2008 für Einkommensteuer und Nebenabgaben 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006 und 2008.
Gegen den Ergänzungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein.
Sie führte aus, sie habe keine unentgeltliche Zuwendung von ihrem Ehemann erhalten. Soweit sie das Haus in A gekauft habe, valutierten alle Darlehen noch in voller Höhe und seien durch Bausparverträge gegenfinanziert. Zwar habe der Ehemann aus seinem Einkommen … die Zinsleistungen und die Bei...