Leitsatz (amtlich)
1. Einem beherrschenden Gesellschafter fließt ein Vermögensvorteil, den er von der beherrschten Gesellschaft erlangt, nicht erst bei Gutschrift auf seinem Konto, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung zu.
2. Bei der Abgabe mehrerer unrichtiger Steuererklärungen ist grundsätzlich jede als selbständige Tat im Sinne von § 53 StGB zu werten. Tateinheit liegt nur vor, wenn die Steuerhinterziehungen durch dieselbe Erklärung bewirkt werden oder wenn mehrere Steuererklärungen durch eine körperliche Handlung gleichzeitig abgegeben werden.
3. Wenn durch mehrere Handlungen Bußgeldvorschriften verletzt werden und diese in Tatmehrheit zueinander stehen, so sind die Geldbußen gesondert festzusetzen, auch wenn diese Handlungen gleichzeitig geahndet werden. Sie können nicht zu einer "Gesamtgeldbuße" zusammengezogen werden.
Normenkette
StGB § 53
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Entscheidung vom 19.10.2015; Aktenzeichen 5 Ns 50/15) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch dahingehend geändert, dass gegen den Angeklagten wegen leichtfertiger Steuerverkürzung in drei Fällen Geldbußen von 400 €, 750 € und 1.150 € verhängt werden.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Verden hat den Angeklagten am 8. Dezember 2014 wegen leichtfertiger Steuerverkürzung in drei Fällen zu einer "Geldbuße von insgesamt 2.300,00 €" verurteilt.
Vorangegangen ist ein Bußgeldbescheid des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen Lüneburg, welcher dem Angeklagten leichtfertige Steuerverkürzung in vier Fällen bei Abgabe der Einkommensteuererklärungen für die Steuerjahre 2004 bis 2007 zur Last legte. Das Amtsgericht Verden hat nach Einspruch des Angeklagten gegen ihn wegen der im Bußgeldbescheid unter Nr. 1 aufgeführten Tat (Steuerjahr 2004) eine Geldbuße wegen leichtfertiger Steuerverkürzung verhängt. Im Übrigen hat es das Verfahren ausgesetzt und darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der übrigen Taten auch eine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung in Betracht komme.
In der nachfolgenden Hauptverhandlung vor der Strafrichterin hat diese den Angeklagten wegen der verbliebenen Tatvorwürfe zu der genannten Geldbuße wegen leichtfertiger Steuerverkürzung in drei Fällen verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte "Rechtsbeschwerde, hilfsweise Berufung" erhoben. Der Senat - Einzelrichter - hat sich für die Entscheidung über das als Berufung anzusehende Rechtsmittel für nicht zuständig erklärt und die Sache an das Landgericht Verden verwiesen.
Das Landgericht Verden hat die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Verden am 19. Oktober 2015 verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene und begründete Revision des Angeklagten, mit der er einen Freispruch anstrebt. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision mit der Maßgabe zu verwerfen, dass gegen den Angeklagten Geldbußen von 400 €, 750 € und 1.150 € verhängt werden.
II.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. Der Angeklagte war seit 2003 alleiniger Gesellschafter der Dr. B. v. d. R.-C. Vermögens-Verwaltungs-Gesellschaft mbH (nachfolgend "GmbH"). 2004 gewährte er der GmbH fünf Darlehen über insgesamt 105.000 €, die jeweils mit sechs Prozent zu verzinsen waren. Am 1. Januar 2005 räumte er der GmbH zusätzlich einen Kontokorrentkredit bis zum Höchstbetrag von 200.000 € ein. Am 1. Januar 2006 wurde dieser Höchstbetrag auf 350.000 € heraufgesetzt. Der Zinssatz für den Kontokorrentkredit betrug 3,25 Prozent.
Die Abrechnung der Zinsen sollte kalenderjährlich erfolgen, der Zinsanspruch mit Erteilung der Abrechnung fällig werden. Dem Angeklagten standen 2005 Zinsen von 6.187 €, 2006 von 7.195 € und 2007 von 9.884 € zu. Diese Zinsen wurden nicht an den Angeklagten ausgezahlt, sondern thesaurierend fortgeschrieben und verblieben so im Vermögen der GmbH.
2. Der Angeklagte gab bei den von ihm am 5. Januar 2007 (Steuerjahr 2005), 20. Dezember 2007 (Steuerjahr 2006) und 27. Mai 2009 (Steuerjahr 2007) abgegebenen Einkommensteuererklärungen Einkünfte aus Kapitalvermögen von 459 € (2005) bzw. 410 € (2006) an. Bei der Steuererklärung 2007 erklärte er keine Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Zinsen aus den Gesellschafterdarlehen erklärte er jeweils nicht, sodass das Finanzamt die vom Angeklagten zu entrichtende Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag zunächst in Unkenntnis dieser Zinseinkünfte festsetzte.
Nach Erhalt einer Mitteilung des für die Besteuerung der GmbH zuständigen Finanzamtes über die dortige Geltendmachung der Zinslast als Betriebsausgabe änderte das Finanzamt die Steuerfestsetzung für die genannten Steuerjahre, wobei es die Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigte. Einspruch und Klage des Angeklagten gegen die Änderung der Steuerfestsetzung blieben erfolglos.
Im Einzelnen sind aufgrund der Erklärungen des Angeklagten fo...