Gründe
(d) ›... Vor der Neufassung der §§ 4, 8 UWG in den Jahren 1969 und 1974 war anerkannt, daß im Falle eines ›Nachschiebens‹ von Waren im Rahmen eines Ausverkaufs sowohl der Tatbestand des § 4 als auch der des § 8 UWG als erfüllt anzusehen seien. Beide Tatbestände waren Straftaten; beide enthielten dieselben Strafdrohungen. Dabei nahm man Gesetzeskonkurrenz an mit Vorrang des § 8 UWG [folgen Hinw.].
Nachdem § 8 UWG zur Ordnungswidrigkeit heruntergestuft worden ist, hat sich die Sachlage kompliziert. Soweit das ›Nachschieben‹ von Waren gem. § 8 UWG als Spezialfall der strafbaren Werbung gem. § 4 UWG auftritt, kommt einerseits der allgemeine Grundsatz ›lex specialis derogat legem generalem‹ in Betracht, der aber andererseits durch die Vorschrift des § 21 OWiG wieder in Frage gestellt wird, da dort bei einer Konkurrenz zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit umgekehrt der Vorrang der Straftat angeordnet wird.
Der Senat ist der Ansicht, daß die Konkurrenz zwischen § 4 und § 8 UWG in der Tat im Sinne des Vorrangs des § 4 UWG zu lösen ist. Eine Privilegierung derjenigen Fälle, in denen die unlautere Werbung gem. § 4 UWG sich auf Waren bezieht, die im Rahmen eines Ausverkaufs ›nachgeschoben‹ werden, wäre nur dann verständlich, wenn hierdurch ein Ä gegenüber den anderen Fällen des § 4 UWG Ä geringeres Unrecht verwirklicht würde. Davon kann aber keine Rede sein.. . Der Unrechtsgehalt von Fallgestaltungen des § 8 UWG, die gleichzeitig auch den Tatbestand der strafbaren Werbung erfüllen, kann mit der Ahndung als Ordnungswidrigkeit auch nicht annähernd ausgeschöpft werden.. . Vielmehr verbleibt dem § 8 UWG nach der Neufassung lediglich die Funktion, als Auffangtatbestand bereitzustehen in jenen Fällen, in denen ausnahmsweise die zusätzlichen Merkmale der strafbaren Werbung gem. § 4 UWG nicht vorliegen oder doch nicht nachzuweisen sind. In aller Regel allerdings wird das ›Nachschieben‹ von Waren gem. § 8 UWG zugleich den Tatbestand des § 4 UWG erfüllen.. . Vom geschützten Rechtsgut her gesehen betreffen beide Vorschriften den Schutz sowohl des Verbrauchers als auch der Mitwettbewerber sowie das Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung eines leistungsfähigen Wettbewerbs. ... Auch unter dem Blickwinkel der Schutzrichtung der Tatbestände stellt also § 4 UWG keine anderen Voraussetzungen auf als § 8 UWG. Zu Recht ist also die Strafkammer davon ausgegangen, daß im vorl. Fall § 4 UWG gegenüber § 8 UWG den Vorrang hat.
(e) Daß... die ›nachgeschobene‹ Ware nicht speziell in der Anzeigen-Werbung offeriert worden ist, hindert eine Bestrafung aus § 4 UWG nicht. ... Im Hinblick auf das Merkmal ›Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen‹,... genügt es vielmehr, daß der Wettbewerber unwahre Angaben macht und beabsichtigt, durch dieses Mittel die Vorteile seines Angebots in den Augen des Publikums besonders in Erscheinung treten zu lassen Ä mögen die Vorteile tatsächlich bestehen oder nicht (so schon die ständ. Rechtspr. des RG zu § 4 UWG a.F.: RGZ.. 47, 280; ebenso KG JR 1973, 428..). Der Ausdruck ›Anschein eines günstigen Angebots‹, den § 4 UWG verwendet, bedeutet nicht, daß das Angebot nur scheinbar günstig sein müsse. Da der Schutzzweck des § 4 UWG sich auch auf die Konkurrenten erstreckt, genügt es, daß ein tatsächlicher Vorteil in Aussicht gestellt wird, sofern nur durch unlautere Mittel zum Kauf verlockt wird (BGH LRE 1, 19, 20). Ob die ›nachgeschobenen‹ Waren im vorl. Fall tatsächlich ebenso günstig verkauft wurden wie die Ausverkaufsware, kann also unentschieden bleiben. ...‹
Fundstellen
Haufe-Index 2993813 |
NJW 1987, 78 |
DRsp III(380)220d-e |
NiedersRpfl 1986, 15 |