Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des GmbH-Geschäftsführers. Insolvenzantragspflicht. Pflicht zur rechtzeitigen Erstellung einer korrekten Bilanz. Pflicht zur Verwahrung von Schriften und Büchern der Gesellschaft. Beweislastverteilung
Leitsatz (amtlich)
Zur Haftung der Geschäftsführer einer GmbH wegen Verletzung der Pflicht zur Konkursantragsstellung und zur rechtzeitigen Erstellung eines korrekten Jahresabschlusses.
Leitsatz (redaktionell)
Zur Haftung der Geschäftsführer einer GmbH wegen Verletzung der Pflicht zur Kokursantragsstellung und zur rechtzeitigen Erstellung eines korrekten Jahresabschlusses.
Normenkette
BGB § 823; GmbHG §§ 64, 82, 84; HGB § 331; GmbHG §§ 42, 74 Abs. 2; BGB § 823 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 8 O 136/00) |
Nachgehend
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagten als damalige Geschäftsführer der liquidierten A-B GmbH persönlich für Leistungen in Anspruch, welches sie aufgrund von Verträgen mit der GmbH erbrachte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Ergänzend ist festzustellen, dass ausweislich der Zahlungserinnerung der Klägerin vom 2.9.1994 (Bl. 114) zu diesem Zeitpunkt ein Zahlungsrückstand von 83.599,92 DM (ohne Verzugszinsen) bestand, welcher sich auf die im Schreiben genannten Rechnungen vom August 1994 gründete und bis zum Jahresende um die Beträge zweier weiterer Rechnungen vom 28.12.1994 über 2.810,01 DM und 31.12.1994 über 6.582,60 DM auf insgesamt 92.992,53 DM erhöhte.
Von diesen Verbindlichkeiten waren am 2.4.1996 noch vier Rechnungen vom August 1994 mit einem Gesamtbetrag von 11.501,07 DM sowie ein Restbetrag i.H.v. 8.476,96 DM aus der Rechnung Nr. ... über insgesamt 29.176,96 DM offen; die darüber hinausgehenden Forderungen aus dem Jahre 1994 waren bis zum Mahnschreiben vom 2.4.1996 getilgt. Die weiteren der Berechnung der Klageforderung zugrunde liegenden Aufträge wurden der Klägerin von der A-B GmbH in der Zeit vom 1.6.1995 bis 15.12.1995 erteilt.
Von den der Klageforderung zugrunde liegenden Rechnungsbeträgen entfallen 82 % auf Warenforderungen und 18 % auf Lohnforderungen. Der Rohgewinn der Klägerin aus dem Warenanteil beträgt durchschnittlich 12 %, der Überschuss aus dem Lohnanteil 30 %.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Gericht hielt die von der Klägerin behauptete persönliche Haftungsübernahme in Gesprächen am 1.9.1994 oder 20.3.1996 aufgrund des Ergebnisses der von diesem durchgeführten Beweisaufnahme für nicht erwiesen. Im Übrigen stehe, so das LG, der Klägerin auch kein Schadensersatzanspruch nach §§ 64, 84, 82 Abs. 2 GmbHG oder aus § 331 HGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB zu. Selbst wenn man die angeführten Fehler in der Bilanz vom 31.12.1994 als richtig unterstelle, könne daraus nicht zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit der GmbH geschlossen werden. Ein Sachverständigengutachten hierzu sei nicht einzuholen gewesen, weil die Klägerin keine Anknüpfungstatsachen dafür vorgetragen habe, dass Anfang 1995 nicht nur eine vorübergehende Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe. Die von der Klägerin gerügten Verstöße gegen die Grundsätze der Bilanzwahrheit und Bilanzvollständigkeit gründeten sich allein auf Fehler im Hinblick auf die eigenen Forderungen der Klägerin. Diese seien ihr aber bekannt gewesen und könnten sich nicht auf die Annahme von Aufträgen der A-B GmbH ausgewirkt haben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Gegen dieses am 22.4.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.5.2002 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 22.7.2002 verlängerten Frist begründet.
Sie rügt unter Vorlage einer von ihr eingeholten gutachterlichen Stellungnahme SV1 vom 15.5.2002, das LG habe die Haftung der Beklagten unter Missachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlerhaft verneint, welche sich aus dem Verstoß gegen die Grundsätze der Bilanzwahrheit und Bilanzvollständigkeit aus §§ 242, 246 Abs. 2 HGB, der Verletzung der Antragspflicht gem. § 64 GmbHG sowie einer Verwirklichung der Straftatbestände der §§ 331 HGB sowie 82 GmbHG ergebe.
Im Übrigen rügt sie eine fehlerhafte Beweiswürdigung des LG zur Frage eines Schuldbeitritts der Beklagten.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie meinen, auch das weitere Vorbringen der Klägerin belege weder eine schuldhaft verspätete Bilanzerstellung, noch eine verspätete Konkursantragstellung wegen Überschuldung. Zudem fehle auch weiterhin der Nachweis der Kausalität für den geltend gemachten Schaden. Im Übrigen sei der Vortrag zur Überschuldung verspätet und deshalb nicht mehr zuzulassen. Schließlich weisen sie erneut auf die im Schriftsatz vom 12.2.2002 geschilderte Vereinbarung der Parteien hin, nach welcher der Klägerin auf die von dieser mit notariellem Vertrag vom 13.8.1996 erworbenen Wohnung (Bl. 73), welche für 487.000 DM zum Kauf angeboten worden sei, zur Abgeltung aller Ansprüche der Klägerin ein Nachlass von 117.000 DM gewährt worden sei ...