Leitsatz (amtlich)
1. Ein im Rahmen betrieblicher Altersversorgung einem Arbeitnehmer unter Vorbehalt eingeräumtes unwiderrufliches Bezugsrecht (= eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht) aus einer Lebensversicherung (Direktversicherung) fällt in die Insolvenzmasse, sofern die Voraussetzungen des Vorbehalts erfüllt sind (BAG v. 8.6.1999 - 3 AZR 136/98, BAGE 92, 1 ff. [10] = VersR 2000, 80 = BB 1999, 2195; OLG Hamm VersR 1998, 1494; OLG Karlsruhe VersR 2001, 1501). Die dem Insolvenzverwalter zustehenden Rechte sowie deren Umfang hängen allein von der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses ab (BAG v. 8.6.1999 - 3 AZR 136/98, BAGE 92, 1 ff. [10] = VersR 2000, 80 = BB 1999, 2195; OLG Düsseldorf v. 18.8.1997 - 4 W 36/97, OLGReport Düsseldorf 1998, 77 = VersR 1998, 1405). [- entgegen OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 30.1.2001 - 4 U 93/00, OLGReport Düsseldorf 2002, 161 = VersR 2002, 86), nach welchem ein im Rahmen der Versorgungszusage eingeräumtes eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht des Arbeitsnehmers bei Insolvenz des Arbeitgebers strikt unwiderruflich wird und sich deshalb nach Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Insolvenzverwalter dieses Bezugsrecht an dem Auflösungsguthaben fortsetze].
2. Dingliche Wirkung erhält das Bezugsrecht des Arbeitnehmers erst, wenn sowohl im Versicherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und dem Versicherer als auch im Versorgungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Unwiderruflichkeit vereinbart ist und soweit die Voraussetzungen für vereinbarte Vorbehalte zur Unwiderruflichkeit nicht erfüllt sind. Erst dann gehört das Bezugsrecht zum Vermögen des Arbeitnehmers mit der Wirkung, dass trotz Kündigung der Versicherung dem Arbeitnehmer der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts verbleibt und im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers der Anspruch auf Versicherungsleistungen nicht zur Insolvenzmasse gehört (BGH v. 19.6.1996 - IV ZR 243/95, MDR 1996, 1243 = VersR 1996, 1089; BAG v. 26.6.1990 - 3 AZR 651/88, MDR 1991, 182 = VersR 1991, 211; VersR 1991, 942).
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.12.2003; Aktenzeichen 2/14 O 112/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des LG Frankfurt a.M. vom 11.12.2003 (2-14 O 112/03) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.832,34 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1.11.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten hat der Nebenintervenient zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird jedoch gestattet, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 11.832,34 EUR.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger beansprucht als Insolvenzverwalter der A. GmbH & Co KG (im Folgenden: A.) die Auszahlung des Rückkaufswerts einer Lebensversicherung i.H.v. 11.832,34 EUR aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Gruppenversicherung betreffend den ehemaligen Arbeitnehmer E, geb ..., der auf Seiten der Beklagten als Streithelfer beigetreten ist. Die Insolvenzschuldnerin war Versicherungsnehmerin als Rechtsnachfolgerin der A. GmbH geworden, die in den ursprünglich von der C. GmbH mit der Beklagten abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrag (Bl. 7-11 d.A.) eingetreten war (Nachtrag II, Bl. 12 d.A.).
Der Kläger verkaufte am 21.2.2002 unter Bezugnahme auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom gleichen Tage um 17:00 Uhr einen Teil des Betriebs der Insolvenzschuldnerin an die Firma D. GmbH Aktiengesellschaft in O., wodurch das Arbeitsverhältnis betreffend den Arbeitnehmer E. auf die Erwerberin überging.
Dem Versicherungsverhältnis liegen die "Allgemeine Bestimmungen für den Firmengruppenversicherungsvertrag - BK (Direktversicherungen)" zugrunde (Bl. 14 f d.A.) - nachstehend als AVB bezeichnet -.
Unter Ziff. 1I 1. (Bl. 14 f. d.A.) ist zunächst ein unwiderrufliches Bezugsrecht der jeweils versicherten Person (Arbeitnehmer) geregelt, welches unter folgenden Vorbehalten widerruflich ist:
- wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls endet,
- die versicherte Person das 35. Lebensjahr nicht vollendet und die Versicherung noch nicht 10 Jahre bestanden oder
- die versicherte Person das 35. Lebensjahr nicht vollendet und das Arbeitsverhältnis noch nicht 12 Jahre und die Versicherung noch nicht drei Jahre bestanden hat ... (es folgen weitere Widerrufsvoraussetzungen).
Unter Ziff. V der AVB sind die Voraussetzungen und Folgen vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers geregelt:
1. Der Arbeitgeber meldet unverzüglich die auf das Leben dieser Person genommene Versicherung ab (1.), wobei die Versicherung nach den vereinbarten...