Verfahrensgang
AG Koblenz (Entscheidung vom 26.10.2017) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Koblenz - Strafrichter - vom 26. Oktober 2017 im Ausspruch über die Einziehung des Wertes des Erlangten mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird als offensichtlich unbegründet verworfen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere als Strafrichter zuständige Abteilung des Amtsgerichts Koblenz zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Koblenz - Strafrichter - verurteilte den Angeklagten am 26. Oktober 2017 wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen und Bankrotts in vier Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Andernach vom 6. Oktober 2016 (2030 Js 63482/16) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben ordnete das Amtsgericht die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 14.509,36 € an.
Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil legte der Angeklagte am 2. November 2017 Rechtsmittel ein. Nach Urteilszustellung am 30. November 2017 bezeichnete er mit am 15. Dezember 2017 bei Gericht eingegangenem Verteidigerschriftsatz sein Rechtsmittel als Sprungrevision, die er mit der Verfahrensrüge des Verstoßes gegen § 265 StPO (unterlassener Hinweis auf die Möglichkeit einer Anordnung nach § 73c StGB) und der allgemeinen Sachrüge begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft vertritt die Auffassung, die Verfahrensrüge sei unzulässig. Sie verschweige, dass die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft im Schlussvortrag eine Verfallsanordnung beantragt habe, wodurch im Übrigen der Hinweispflicht Genüge getan sei.
Im Übrigen beantragt sie,
die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die gem. § 335 Abs. 1 StPO statthafte, insbesondere fristgemäß eingelegte und auch ansonsten zulässige Sprungrevision des Angeklagten führt mit der ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrüge zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
1.
Wie sich aus dem diesbezüglichen Schweigen des - mit der Verfahrensrüge entgegen der Behauptung der Generalstaatsanwaltschaft ordnungsgemäß und vollständig mitgeteilten - Hauptverhandlungsprotokolls ergibt (§ 274 StPO), wurde der Angeklagte zu keiner Zeit darauf hingewiesen, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen gem. § 73c StGB (i.V.m. Art. 316h EGStGB in der Fassung vom 13. April 2017) in Betracht komme.
Eine solche Belehrung ist jedoch nach der seit dem 1. Juli 2017 geltenden Vorschrift des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO zwingend vorgeschrieben (Fischer, StGB, 61. Aufl. § 265, Rn. 20a; vgl. auch OLG Hamburg, 1 Rev 7/18 v. 05.04.2018 Rn. 18 n. juris: Neu geschaffene Hinweispflicht zum Schutz vor Überraschungsentscheidungen mit korrespondierendem Aussetzungsrecht in § 265 Abs. 3 StPO).
Zwar hat die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag "die Einziehung von Geldbeträgen in Höhe von 13.500,- € und 1.009,36 € gemäß §§ 73, 73a StGB" beantragt. Dieser am 26. Oktober 2017 gestellte Antrag, der wegen der seit dem 1. Juli 2017 gemäß Art. 316h EGStGB (in der Fassung vom 13. April 2017) auch für sogenannte "Altfälle" geltenden Neuregelung der §§ 73 ff. StGB nicht der aktuellen Gesetzeslage entsprach, konnte - entgegen der von der Generalstaatsanwaltschaft in den Raum gestellten Möglichkeit - einen förmlichen Hinweis nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO jedoch nicht ersetzen. Der Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt, muss dem Angeklagten in der Weise gegeben werden, dass er eindeutig erkennen kann, es werde für das erkennende Gericht bei der Beurteilung der Straftat auf diesen Gesichtspunkt ankommen und er werde daher seine Verteidigung darauf einzurichten haben. Es handelt sich dabei um eine die rechtlichen Grenzen des Hauptverfahrens bestimmende und damit dieses Verfahren gestaltende Prozesshandlung, die den Grundsatz des rechtlichen Gehörs sichern soll. Der erforderliche Hinweis muss nach allgemein anerkannter Auffassung regelmäßig durch das erkennende Gericht selbst, d. h. durch die oder den Vorsitzenden, gegeben werden. Es reicht nicht aus, dass der betreffende Gesichtspunkt in der Hauptverhandlung von einem anderen Verfahrensbeteiligten als dem Gericht, etwa von der Staatsanwaltschaft oder dem Verteidiger, zur Sprache gebracht wird (vgl. nur KG Berlin, [3] 121 Ss 96/15 [75/15] v. 14.07.2015, Rn. 5 n. juris unter Hinweis auf BGH, 1 StR 152/93 v. 06.04.1993, Rn. 2. n. juris).
Die Anordnung der vermögensrechtlichen Nebenfolge beruht auf diesem Verfahrensverstoß (§ 337 StPO). Es ist nicht auszuschließen, dass sich der Angeklagte im Falle der Erteilung eines Hinweises - etwa im Hinblick auf die Empfangnahme und Einlösung der beiden relevanten Schecks - anders verteidigt hätte.
2.
Auswirkungen auf den Strafausspruch hat die verfahrensfehlerhaft angeordnete Nebenfolge nicht.
Das Amtsgericht wäre nicht ge...