Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle der vorzeitigen Tilgung eines grundpfandrechtlich gesicherten Festzinskredits mit vereinbarter Laufzeit steht dem Kreditinstitut kein Anspruch auf „Vorfälligkeitsentschädigung” zu, wenn der Darlehensnehmer bei ihm gleichzeitig einen Neukredit in übersteigender Höhe für das Kreditinstitut jedenfalls zu nicht schlechteren Konditionen aufnimmt.
2. Aus demselben Geldbetrag kann der Gläubiger für ein und denselben Zeitraum nicht neben Verzugszinsen kumulativ die Herausgabe von Kapitalnutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB verlangen.
Normenkette
BGB §§ 249, 607 a.F., § 818 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 14.09.2001; Aktenzeichen 7 O 171/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 14.9.2001 unter Zurückweisung der Berufung i.Ü. geändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 582.189,98 Euro zu zahlen nebst 16,5 % Zinsen aus 435.906,98 Euro seit dem 16.4.2001.
2. Wegen des weiter gehenden Zinsverlangens bleibt die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat 3/8 ihrer außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Im Übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der jeweiligen Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin von der beklagten Sparkasse die Rückerstattung eines am 18.12.1996 für die vorzeitige Ablösung von Festzinskrediten gezahlten „Vorfälligkeitsentgeltes” (852.559,94 DM = 435.906,98 Euro) nebst Kapitalnutzungsentschädigung, für die Zeit bis zum 25.4.2001 kapitalisiert (297.694,98 DM = 152.209,03 Euro) und für die Zeit danach nach der Formel „Diskont bzw. Basis + 5” sowie Verzugszinsen aus der Hauptforderung i.H.v. 16,5 % seit dem 18.12.1996 verlangen kann.
Dem liegt – zusammengefasst – folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin hatte im Jahr 1995 bei der beklagten Sparkasse, ihrer damaligen „Hausbank”, drei Darlehen i.H.v. insgesamt 20 Mio. DM zur Finanzierung des Erwerbs eines Einkaufszentrums aufgenommen (Kreditverträge „030” und „582” vom 7.3.1995 über 8,4 Mio. DM und 9,6 Mio. DM mit bis zum 30.6.2000 festgeschriebener Verzinsung i.H.v. 6,84 % p.a.; Kreditvertrag „368” vom 19.6.1995 über 2 Mio. DM mit bis zum 30.4.2001 festgeschriebener Verzinsung i.H.v. 6,25 % p.a.). Die Sicherung der Darlehen erfolgte durch Bestellung von Grundschulden an dem finanzierten Objekt.
Im Jahr 1996 veräußerte die Klägerin das Einkaufszentrum. Den dafür erzielten und bei der Beklagten als Festgeld angelegten Erlös i.H.v. ca. 21 Mio. DM verpfändete die Klägerin der Beklagten als Ersatzsicherheit für die von dieser freigegebenen Grundschulden. Mit dem Wunsch der Klägerin, die Finanzierungsdarlehen vorzeitig abzulösen, erklärte sich die beklagte Sparkasse nur gegen Zahlung von zusätzlichen „Vorfälligkeitsentgelten” i.H.v. insgesamt 852.559,94 DM einverstanden. In den zwischen den Parteien darüber abgeschlossenen „Aufhebungsverträgen” vom 10.12.1996 (in Fotokopie Bl. 91 und 92 d.A.) heißt es, die entsprechenden – am 18.12.1996 aus dem Festgeld der Klägerin geleisteten – Zahlungen erfolgten „vollständig, auflagenfrei und vorbehaltlos”.
Zeitgleich standen die Parteien in Verhandlungen über die Gewährung neuer Darlehen für anderweitige Immobiliengeschäfte der Klägerin. Dabei war klar, dass deren Durchführung ohne eine vorzeitige Ablösung der „Altkredite” bei der Beklagten nicht möglich sein würde.
Für die Finanzierung dieser neuen Vorhaben schlossen die Parteien – ebenfalls am 10.12.1996 – folgende Realkreditverträge ab:
- Darlehen „036” und „570” über jeweils 10 Mio. DM mit Zinsfestschreibung bis zum 30.11.2006 bei einem Zinssatz von 6,87 % p.a. (in Fotokopie Bl. 55 f. und 57 f. d.A.);
- Darlehen „051” über 8 Mio. DM mit Zinsfestschreibung bis zum 30.11.2001 bei einem Zinssatz von 5,95 % p.a. (in Fotokopie Bl. 59 f. d.A.);
- Darlehen „745” über 4 Mio. DM mit veränderlichem Zinssatz, anfänglich 5,3 % p.a., seit dem 1.10.1997 festgeschrieben bis zum 30.9.2001 bei einem Zinssatz von 5,5 % p.a. (in Fotokopie Bl. 61 f. und 63 d.A.);
- Darlehen „069” über 2 Mio. DM mit variabler Verzinsung, anfänglich 5,3 % p.a. (in Fotokopie Bl. 64 f. d.A.).
Diese neuen Darlehen über insgesamt 34 Mio. DM werden von der Klägerin seither beanstandungsfrei bedient. Der Rückzahlungsanspruch der Beklagten ist nach den Kreditverträgen abgesichert durch eine Grundschuld in gleicher Höhe, die Verbürgung des Geschäftsführers der Klägerin und die Abtretung der Mietansprüche aus den finanzierten Objekten.
Zur Begründung ihres in dem vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Bereicherungsanspruchs nimmt die Klägerin – gestützt auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Rechtsgutacht...