Rz. 9
Nach § 236 Abs. 1 BewG ist der Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft der Ertragswert zugrunde zu legen. Hierdurch wird der Bewertungsmaßstab normiert.
Bei der Ermittlung des Ertragswerts wird davon ausgegangen, dass der Eigentümer den zu bewertenden Betrieb der Land- und Forstwirtschaft behält, fortlaufend nutzt und hieraus Erträge erzielt. Sinn und Zweck des Ertragswerts ist es somit, außerlandwirtschaftliche Faktoren auszuscheiden, die zwar den Veräußerungspreis eines Betriebs beeinflussen, jedoch in keinem ökonomischen Zusammenhang mit der objektiven Ertragsfähigkeit einer land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion stehen.
Dieser Bewertungsgrundsatz weicht von dem in § 9 BewG generell angeordneten Bewertungsgrundsatz des gemeinen Werts ab. Nach Auffassung des Gesetzgebers steht das angewandte objektivierte Ertragswertverfahren auf der Grundlage standardisierter – durchschnittlicher – Erträge aber nicht in Widerspruch zu dem allgemeinen Bewertungsmaßstab des gemeinen Werts i. S. d. § 9 Abs. 1 BewG, sondern konkretisiert unter Berücksichtigung des speziellen Bewertungsvorbehalts und der Ausgestaltung der Grundsteuer als Sollertragsteuer das Bewertungsziel eines objektiviert-realen Ertragswerts eines selbstbewirtschafteten, pacht- und schuldenfreien Betriebs. Die als Sollertragsteuer ausgestaltete Grundsteuer knüpft an die objektive Leistungs- und damit Ertragsfähigkeit eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft an.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 10.4.2018 zur Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung dem Gesetzgeber ausdrücklich die Verwendung mehrerer Maßstäbe zur Bemessung der Besteuerungsgrundlage zugestanden. Die Abweichung des Ertragswerts i. S. d. § 236 BewG vom allgemeinen Bewertungsgrundsatz "gemeiner Wert" i. S. d. § 9 Abs. 1 BewG beruht auf sachlichen Erwägungen.
Zur Ermittlung des Ertragswerts ist im Feststellungszeitpunkt der Barwert aller künftigen Reinerträge zu ermitteln. Hierfür werden die standardisierten – durchschnittlichen – Reinerträge gem. § 236 Abs. 4 BewG mit einem Faktor in Höhe von 18,6 kapitalisiert. Dieser Kapitalisierungsfaktor geht von immerwährenden Nutzung und Leistungen i. S. d. § 13 Abs. 2 BewG aus. Hiermit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft fortlaufend genutzt wird und somit hieraus dauerhaft Erträge erzielt werden können.
Rz. 10
Einstweilen frei