Rz. 17

Neben der Kulturguteigenschaft des Grundbesitzes (vgl. Rz. 15) setzt ein Erlass nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG des Weiteren voraus, dass die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile (Rohertrag) in der Regel unter den jährlichen Kosten für das Kulturgut liegen.

Mit dem Erfordernis "in der Regel" in § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG wird auf eine Unrentabilität als Dauerzustand abgestellt. Entscheidend ist daher nicht ein rechnerisches Minus zwischen Rohertrag und Kosten im jeweiligen Erlasszeitraum. Abzustellen ist vielmehr auf einen zeitlich andauernden Zustand, d. h. die Erwartung einer dauernden Unrentabilität. Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, dass es in den Fällen des § 32 GrStG gem. § 35 Abs. 3 S. 1 GrStG (siehe § 35 GrStG) keines jährlichen Wiederholungsantrages für den Erlass bedarf. Der Erlassantrag entfaltet insoweit eine gewisse Dauerwirkung.[1]

Aus dem Erfordernis einer dauerhaften Unrentabilität folgt einerseits, dass sich eine prognostizierende Beurteilung insbesondere auf die sich aus der Vergangenheit ergebenden wirtschaftlichen Daten stützen muss, und ferner, dass auf der Einnahmen- wie auf der Kostenseite nur "dauerhafte" Rechnungsposten berücksichtigungsfähig sind.[2]

Für die Beurteilung der Unrentabilität ist auf einen Dreijahreszeitraum abzustellen, der mit dem Kalenderjahr, für das der Erlass beantragt wird, beginnt. Da der Grundbesitz nachhaltig keinen Reinertrag abwerfen darf, ist der Erlass nicht ausgeschlossen, wenn ausnahmsweise in einem Jahr ein geringer Überschuss erwirtschaftet wird. Ist jedoch in zwei Jahren des dreijährigen Betrachtungszeitraums ein Reinertrag erzielt worden, kann die Grundsteuer nicht erlassen werden.[3] Es ist unbeachtlich, ob die Unrentabilität durch eine andere Bewirtschaftungsweise des Grundbesitzes oder durch den Einsatz von Mitteln, die nicht aus dem Grundbesitz stammen, beseitigt werden könnte.

Da erst rückblickend festgestellt werden kann, ob der Rohertrag in Regel unter den jährlichen Kosten liegt, sollte die Gemeinde die Grundsteuer des laufenden Kalenderjahres und der beiden folgenden Kalenderjahre bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres stunden.[4]

Zur Ermittlung des Reinertrages sind nur solche Einnahmen und Kosten gegenüberzustellen, die unmittelbar mit dem betroffenen Grundbesitz in wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Zum Kausalzusammenhang zwischen Kulturguteigenschaft (öffentlichen Erhaltungsinteresse) und Unrentabilität des Grundbesitzes (siehe Rz. 19).

Zum jährlichen Rohertrag gehören sämtliche Einnahmen und sonstigen Vorteile, die der Grundbesitz vermittelt.

I.S.d. § 8 Abs. 1 EStG sind als Einnahmen alle Güter anzusehen, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Grundbesitz zufließen. Zu den Einnahmen rechnen vor allem Miet- und Pachteinnahmen sowie Einnahmen aus Besichtigungen und Führungen. Erzielt sind diese Einnahmen regelmäßig dann, wenn sie tatsächlich zugeflossen, d. h. in die Verfügungsmacht des Grundstückseigentümers gelangt sind. Der Wortlaut der Vorschrift lässt es nicht zu, anstelle der tatsächlich erzielten Miete die ortsüblich erzielbare Miete als Einnahme in die Rentabilitätsberechnung einzubeziehen. In diesem Zusammenhang befürchteten Manipulationsmöglichkeiten ist mit dem Erfordernis des Kausalzusammenhangs zwischen Kulturguteigenschaft und Unwirtschaftlichkeit zu begegnen.[5]

Zu den sonstigen Vorteilen gehört insbesondere der Nutzungswert, den die eigene Nutzung des Grundstücks für den Grundstückseigentümer hat. Dieser ist mit den bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung zu erzielenden ortsüblichen Miet- und Pachteinnahmen anzusetzen.[6] Hierbei bestehen keine Bedenken, die bei der Ermittlung der ertragsteuerlichen Einkünfte zugrunde gelegten Mieten und sonstigen Vorteile für die Berechnung des Rohertrags zu übernehmen.[7]

Den vorstehend beschriebenen Roherträgen sind die jährlichen Kosten gegenüberzustellen. Hierzu gehören alle grundstücksbezogenen Ausgaben zur Erhaltung des Grundbesitzes und seiner wirtschaftlichen Ertragskraft. Wenngleich im Zusammenhang mit § 32 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG – trotz des Objektsteuercharakters der Grundsteuer – grundsätzlich vom weiteren Kostenbegriff des Einkommensteuerrechts auszugehen ist, bestehen hierzu auch Unterschiede.[8] Zu den Kosten i. S. d. § 32 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 GrStG gehören alle im Zusammenhang mit dem Grundbesitz anfallenden Verwaltungs- und Betriebsausgaben. Hierzu zählen auch "normale" Abschreibungen, wie Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung i. S. d. § 7 Abs. 4 und 6 EStG, Rückstellungen für zu erwartende größere Reparaturaufwendungen, grundstücksbezogene Versicherungsbeiträge und die Grundsteuer selbst.[9] Nicht dazu gehören hingegen einkommensteuerrechtlich zugelassene erhöhte oder Sonderabschreibungen, Tilgungsleistungen sowie Schuld- oder Eigenkapitalzinsen:[10] Ebenfalls nicht zu den Kosten i. S. v. § 32 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 GrStG gehören nutzungsabhängige Kosten, wie Wasser- und Abwassergebühren, Heizun...

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