Entscheidungsstichwort (Thema)
Wartezeit. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Berufsausbildung. Vorbeschäftigung als Auszubildender
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitnehmer, der unmittelbar nach Abschluss der Berufsausbildung vom Ausbilder in ein Arbeitsverhältnis übernommen wird, hat im Fall seiner Arbeitsunfähigkeit die Wartezeit nach § 3 Abs. 3 EntgeltfortzG nicht nochmals zu erfüllen.
Normenkette
EntgeltfortzG § 3 Abs. 1, 3, § 4 Abs. 1; BBiG § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Urteil vom 08.01.2002; Aktenzeichen 7 Ca 5983/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 08.01.2002 – 7 Ca 5983/01 – wird auf deren Kosten
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug nur noch um die Frage, ob ein Auszubildender, der im Anschluss an die Berufsausbildung unmittelbar vom Ausbilder/Arbeitgeber übernommen wurde, innerhalb der ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat.
Der Kläger war bei der Beklagten ab dem 01.09.1998 als Auszubildender für das Dachdeckerhandwerk beschäftigt. Mit Bescheid der Handwerkskammer … vom 18.08.2001 wurde das Bestehen der Gesellenprüfung festgestellt. Hiervon erhielt die Beklagte spätestens am 21.08.2001 Kenntnis. Der Kläger war weiterhin bei der Beklagten als sog. Jungdachdecker-Geselle beschäftigt, ohne dass hierzu besondere Absprachen getroffen worden wären. In dem Zeitraum vom 21.08. bis 10.09.2001 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und hatte dies der Beklagten durch entsprechende Bescheinigungen nachgewiesen. Die Beklagte leistete insoweit keine Entgeltfortzahlung. Krankengeld von der Krankenkasse hat der Kläger nach den tatbestandlichen Feststellungen des Arbeitsgerichts nicht bezogen. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Arbeitgeberkündigung vom 06.09.2001, die dem Kläger am 07.09.2001 zugegangen war. Erstinstanzlich stritten die Parteien noch um die Vergütung für den 21.09.2001.
Die Beklagte zahlte an den Kläger für den 20.08.2001 für acht Arbeitsstunden insgesamt 121,12 DM brutto (15,14 DM/Stunde) und für die Zeit vom 11. bis 20.09.2001 pro Arbeitsstunde 16,50 DM brutto, insgesamt 965,25 DM brutto.
Der Kläger hat erstinstanzlich – soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung – vertreten, er habe für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 1.076,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 09.06.1998 seit 16.10.2001 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eingewandt, der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entstehe in dem neu begründeten Arbeitsverhältnis erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 08.01.2002 antragsgemäß verurteilt. In den Entscheidungsgründen (Bl. 63 bis 65 d. A.) wird – soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung – ausgeführt, die zum Kündigungsschutzgesetz entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze seien auch bei der Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen; deshalb werde keine neue Wartezeit in Gang gesetzt. Bei Übernahme eines bereits bekannten Auszubildenden müsse der Arbeitgeber nicht in gleicher Weise wie bei Neueinstellungen geschützt werden.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Beklagten am 01.02.2002 zugestellt worden. Mit einem am 27.02.2002 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte Berufung eingelegt und mit einem weiteren, am 27.03.2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen und weist darauf hin, dass nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 3 EFZG allein die Dauer des Arbeitsverhältnisses und nicht die Dauer eines davor bestandenen Ausbildungsverhältnisses maßgeblich sei. Für das Ausbildungsverhältnis gelte die speziellere Regelung des § 12 BBiG. Es gebe im Berufsausbildungsverhältnis auch keine Wartezeitregelung. Der unterschiedliche Vertragszweck verbiete eine Gleichsetzung von Ausbildungs- und Arbeitsverhältnis. Es könne deshalb auch nicht darauf ankommen, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schon aufgrund des Ausbildungsverhältnisses her gekannt habe.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
- das Endurteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 08.01.2002, zugestellt am 01.02.2002, Az. 7 Ca 5983/01, – soweit es mit der Berufung angegriffen wurde – abzuändern;
- die Klage im Umfang der Anfechtung abzuweisen.
Der Kläger beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des erst- und zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der von diesen geäußerten Rechtsansichten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und ihre Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I
Die gemäß § 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG statthafte Berufun...