Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung. Personalratsbeteiligung
Leitsatz (amtlich)
Kündigt der Arbeitgeber nach Zugang einer Kündigung beim Arbeitnehmer erneut, weil er die erste Kündigung für formunwirksam hält, so ist auch vor der zweiten Kündigung der Personalrat zu beteiligen, selbst wenn die Kündigung auf demselben Sachverhalt beruht (im Anschluss an BAG, Urt. v. 31.01.1996 – 2 AZR 273/95 –).
Leitsatz (redaktionell)
Hinweise der Geschäftsstelle:
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7-facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Normenkette
SächsPersVG § 78
Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Aktenzeichen 5 Ca 3568/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 24.11.2000 – 5 Ca 3568/00 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:
Die Klage wird insoweit abgewiesen, als die Klägerin beantragt hat, sie über den 31.12.2000 hinaus zu unveränderten Bedingungen als Erzieherin weiter zu beschäftigen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen.
3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen, ordentlichen Änderungskündigung.
Die am 29.05… geborene, verheiratete und für drei Kinder unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit dem 01.02.1980 bei der beklagten Stadt, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, als Erzieherin in einer Kinderbetreuungseinrichtung tätig, zuletzt zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 3.495,83 DM in einer 30-Stunden-Woche.
Mit Schreiben vom 19.05.2000 (Bl. 9 d. A.), der Klägerin am 22.05.2000 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31.12.2000 und bot ihr gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung ab dem 01.01.2001 mit einer Wochenarbeitszeit von 26 Stunden an. Das Schreiben ist auf dem Briefbogen des Personalamtes der Beklagten erstellt und trägt die Unterschrift des zur Kündigung berechtigten Leiters des Personalamtes sowie den Abdruck des Dienstsiegels der Beklagten. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an.
Vor Ausspruch der Kündigung hatte die Beklagte den bei ihr gebildeten Personalrat mit Schreiben vom 19.04.2000 (Bl. 31 d. A.) beteiligt. Dieser nahm durch Stempelaufdruck „Kenntnisnahme” am 10.05.2000 zur beabsichtigten Kündigung Stellung.
Mit Schreiben vom 19.06.2000 (Bl. 18 d. A.), der Klägerin am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin erneut ordentlich zum 31.12.2000 unter gleichzeitiger Unterbreitung des oben genannten Änderungsangebots. Das Schreiben ist inhaltsgleich mit dem Schreiben vom 19.05.2000, wurde aber auf dem Briefbogen des Oberbürgermeisters erstellt. Eine nochmalige Beteiligung des Personalrates vor Ausspruch der zweiten Kündigung erfolgte nicht. Die Klägerin nahm auch das erneute Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an.
Mit ihrer am 08.06.2000 beim Arbeitsgericht Chemnitz eingegangenen und am 23.06.2000 im Hinblick auf die zweite Kündigung erweiterte Klage hat sich die Klägerin gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gewandt. In einem am 28.06.2000 in der Güteverhandlung geschlossenen Teilvergleich (Bl. 22 d. A.) haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass die Änderungskündigung vom 19.05.2000 gegenstandslos und ohne Wirkungen ist.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Kündigung vom 19.06.2000 sei bereits aufgrund der fehlenden Beteiligung des Personalrates nach § 78 Abs. 3 SächsPersVG unwirksam.
Sie hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Änderungskündigung vom 19.06.2000 zum 31.12.2000 weder geändert noch aufgelöst worden ist;
- für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, sie über den 31.12.2000 hinaus zu unveränderten Bedingungen als Erzieherin weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt, einer nochmaligen Beteiligung des Personalrates vor Ausspruch der zweiten Kündigung habe es nicht bedurft, da durch die zweite Kündigung lediglich ein formaler Mangel habe behoben werden sollen.
Mit seinem am 24.11.2000 verkündeten und der Beklagten am 01.02.2001 zugestellten Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe (Bl. 69 ff. d. A.) Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Arbeitsbedingungen der Klägerin durch die Änderungskündigung vom 19.06.2000 zum 01.01.2001 nicht geändert werden und die Beklagte verurteilt, die Klägerin über den 31.12.2000 hinaus als Erzieherin zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 08.02.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung, die sie am 04.04.2001 ausgeführt hat, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf den am 22.02....