Rz. 5
Die Fördervoraussetzungen von Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 müssen kumulativ vorliegen. Nach Abs. 1 Nr. 1 wird der Auszubildende bei einer beruflichen Ausbildung nur gefördert, wenn er außerhalb des Haushaltes der Eltern oder eines Elternteils wohnt. Eltern sind die natürlichen Eltern oder Adoptiveltern, aber nicht Stief- oder Pflegeeltern, da das Gesetz vorrangig an die rechtliche Unterhaltspflicht anknüpft (Hassel, in: Brand, SGB III, § 60 Rz. 5; Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 60 Rz. 6; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 60 Rz. 16; Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 60 Rz. 3; a. A. Petzold, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 60 Rz. 42).
Rz. 6
Bei nichtehelichen Kindern, dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern ist umstritten, ob stets von der Wohnung des Elternteils auszugehen ist, dem das Sorgerecht zusteht. Nach wohl richtiger Ansicht kommt es nicht darauf an, ob der Auszubildende gerade bei dem Elternteil wohnt, dem das Sorgerecht zusteht (Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 60 Rz. 16). Eine solche Einschränkung ist Abs. 1 Nr. 1 nicht zu entnehmen (Hassel, in: Brand, SGB III, § 60 Rz. 3).
Rz. 7
Leben der Auszubildende und die Eltern zusammen, ist i. d. R. von einem Leben im Haushalt der Eltern auszugehen. Dies gilt nicht, wenn ein Elternteil wegen Pflegebedürftigkeit in die Wohnung des Auszubildenden aufgenommen wird (Fachliche Weisungen der BA zu § 60, Stand: 1/2019). Wohnen bei den Eltern erfordert ein Mindestmaß häuslicher Gemeinschaft. Vom elterlichen Haushalt müssen Wohnraum und wesentlicher Aufwand für Lebensbedürfnisse, wie Nahrung und Kleidung gestellt werden (Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 60 Rz. 5). Die Tatbestandsvoraussetzungen sind also nicht erfüllt, wenn der Auszubildende im Haus der Eltern wohnt (z. B. Einliegerwohnung) und sich im Grundsatz selbst versorgt (Hassel, in: Brand, SGB III, § 60 Rz. 3; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 60 Rz. 17). Gleiches gilt, wenn der Auszubildende in einem Haus oder einer Wohnung wohnt, die er von seinen Eltern angemietet hat. Die Voraussetzungen nach Nr. 1 sind auch dann erfüllt, wenn der Auszubildende zeitweise, z. B. für den Berufsschulbesuch, in einem Wohnheim untergebracht ist (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 11 AL 22/11 R).
Rz. 8
Nicht Voraussetzung nach Abs. 1 Nr. 1 ist, dass der Auszubildende während der gesamten Ausbildung außerhalb des Haushalts der Eltern wohnt. Dies ist insbesondere in den Fällen von Bedeutung, in denen der Auszubildende während der betrieblichen Ausbildungszeiten bei den Eltern wohnt, jedoch während des im Rahmen eines Blockunterrichts absolvierten Berufsschulbesuchs anderweitig untergebracht ist. Hier ist für die Zeit des Blockunterrichts BAB zu leisten (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 26.5.2004, L 2 AL 48/02).
Rz. 9
Nach Abs. 1 Nr. 2 ist weitere persönliche Voraussetzung, dass der Auszubildende die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus nicht in angemessener Zeit erreichen kann. Soweit in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Begriff der "Ausbildungsstätte" erwähnt wird, ist dies nicht unbedingt gleichzusetzen mit Ausbildungsbetrieb. Der Zusammenschluss mehrerer Betriebe oder Betriebe und (außerbetriebliche) Ausbildungseinrichtungen zu einem Ausbildungsverbund bringt es i. d. R. mit sich, dass Ausbildungsphasen bei Verbundpartnern erforderlich sind. Ist während solcher Ausbildungsphasen eine auswärtige Unterbringung notwendig, kann – soweit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind – BAB gewährt werden.
Rz. 10
Der Begriff der "angemessenen Zeit", bezieht sich auf die durchschnittliche Wegezeit, nicht jedoch auf die Wegstrecke. Demnach ist eine Ausbildungsstätte dann nicht in angemessener Zeit zu erreichen, wenn der Auszubildende bei Benutzung der günstigsten Verkehrsverbindung für Hin- und Rückweg eine Wegezeit von insgesamt mehr als 2 Stunden benötigt (BVerwG, Urteil v. 17.2.1993, 11 C 10/92; Fachliche Weisungen der BA zu § 60, Stand: 1/2019; ähnlich: Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 60 Rz. 8, Pendelzeit bis zu 1 1/2 Stunden bei einer bis 6 Stunden täglichen Ausbildungszeit und 2 Stunden bei einer über 6 Stunden hinausgehenden Ausbildungszeit; a. A. Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 60 Rz. 9, 2 bis 3 Stunden bei Vollzeitbeschäftigung, 2 bis 2,5 Stunden bei Teilzeitbeschäftigung; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 60 Rz. 26, der eine Angemessenheit bei einer täglichen Wegezeit von mehr als 1 1/2 Stunden an in der Regel 5 Tagen in der Woche verneint).
Rz. 11
Zu der Wegezeit gehören auch die notwendigen Wartezeiten vor und nach der täglichen Arbeitszeit. Nach den Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit ist jeder volle Kilometer Fußweg mit 15 Minuten zu berücksichtigen. Maßgebend sind die Verkehrsverhältnisse bei Beginn des Bewilligungszeitraumes. Zu berücksichtigen sind überdies die besonderen Verhältnisse des Auszubildenden und der Ausbildung (Wagner, in: Mutschler/Schmidt...