Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungsaufforderung kein Realakt
Leitsatz (amtlich)
Die (wiederholende) Zahlungsaufforderung des Finanzamtes ist ein Realakt:
Eine spätere Erklärung des Finanzamtes, die Zahlungsaufforderung „sei erledigt“, hat keine Auswirkung auf die ursprünglich erfolgte Unterbrechung der Zahlungsverjährung
Normenkette
AO §§ 228, 259
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides.
Das Finanzamt betrieb gegen den Kläger das Vollstreckungsverfahren wegen offener Steuerschulden unter anderem aus Einkommensteuer (ESt) 1987. So erfolgten am 6.Juni 1990, 24. Juli 1991, 15. April 1994 und 19. Januar 1996 jeweils Pfändungsversuche, die sämtlich erfolglos blieben (vgl. Niederschriften über eine fruchtlose Pfändung). Mit Schreiben vom 30. November 1999 erging eine Zahlungsaufforderung der Vollstreckungsstelle, mit der das Finanzamt den Kläger und seine Ehefrau zur Zahlung von Gesamtrückständen in Höhe von 172.759,95 DM (Kläger) bzw. 173.977,34 DM (Ehefrau des Klägers) aufforderte. Gleichzeitig wies das Finanzamt darauf hin, dass umgehend ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub unter Darlegung der derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse zu stellen sei, wenn es dem Kläger und seiner Ehefrau nicht möglich sei, den Gesamtbetrag zu zahlen.
Nach einem Aktenvermerk fand am 13. Dezember 1999 ein persönliches Gespräch mit dem Kläger im Finanzamt statt, in dem der Kläger eine Einkommens- und Vermögensübersicht vorlegte und unter anderem darauf hinwies, dass die Rückstände für die ESt 1987 nicht gesamtschuldnerisch geschuldet würden, da ein Aufteilungsbescheid vorliege (vgl. Gesprächsnotiz vom 13. Dezember 1999, Bl. 45 Vollstreckungsakte).
Bei einem weiteren Versuch der Vollstreckung traf der Vollziehungsbeamte am 15. August 2000 den Kläger und seine Ehefrau nicht an und hinterließ eine Zahlungsaufforderung und kündigte sein erneutes Erscheinen für den 22. August 2000 an.
Mit Schreiben vom 19. August 2000 wandte sich die Ehefrau des Klägers an das Finanzamt und wies unter anderem erneut auf den ergangenen Aufteilungsbescheid hin.
Bei einer weiteren persönlichen Vorsprache am 17. Oktober 2000 (vgl. Gesprächsnotiz) bot der Kläger eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 300 DM an. Hinsichtlich der für die Ehefrau nach der Aufteilung unerwartet entstandenen Steuerschuld bat der Kläger um Umbuchung bzw. Verrechnung mit einer berechneten Erstattung aus 1999 und 2000.
Das Finanzamt teilte dem Kläger telefonisch mit, dass die Höhe der angebotenen Ratenzahlung zu niedrig sei und Vollstreckungsmaßnahmen wahrgenommen werden müssten. Hinsichtlich der Steuerschuld der Ehefrau werde zunächst von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen, bis die Veranlagung 1999 durchgeführt sei (vgl. Aktenvermerk).
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2000 wandte sich der Kläger erneut an das Finanzamt und erhob unter anderem Beschwerde gegen die telefonisch mitgeteilte Weigerung, Ratenzahlung zu bewilligen.
Das Finanzamt nahm im Schreiben vom 30. Oktober 2000 Stellung und teilte dem Kläger und seiner Ehefrau die jeweiligen aktuellen Rückstände mit. Gleichzeitig hob das Finanzamt die Zahlungsaufforderung vom 15. August 2000 auf und lehnte erneut den Antrag auf Ratenzahlung ab. Außerdem bat das Finanzamt um die Vorlage einer aktuellen Einkommens- und Vermögensübersicht.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2000 nahm der Kläger Bezug auf die Zahlungsaufforderung vom 30. November 1999 und sein persönliches Gespräch an Amtsstelle am 13. Dezember 1999. Ihm sei auf seine Einreden gegen die Zahlungsaufforderung erklärt worden, dass eine Beschwerde seinerseits unnötig sei. Die Sache sei erledigt. Er bat, ihm diesen Sachverhalt schriftlich zu bestätigen.
Das Finanzamt erklärte daraufhin im Schreiben vom 1. November 2000 wörtlich: ... Hiermit bestätige ich Ihnen, dass aufgrund Ihrer Vorsprache an Amtsstelle vom 13.12.1999 die zu Grunde liegende Zahlungsaufforderung als erledigt angesehen wurde. Eine Beschwerde Ihrerseits ist unnötig. Im Übrigen verweise ich auf die Ausführungen im Schreiben vom 30.10.2000.ö
Am 14. August 2001 und 15. August 2001 beantragte das Finanzamt bei den jeweiligen Grundbuchämtern u.a. wegen der Steuerrückstände aus der ESt 1987 die Eintragung von Sicherungshypotheken in Miteigentumsanteile des Klägers an zwei Grundstücken.
Im Schreiben vom 23. August 2001 macht der Kläger hinsichtlich der Rückstände für 1987 die Einrede der Verjährung geltend.
Das Finanzamt hat dieses Schreiben als Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides gewertet und mit Datum vom 30. Juli 2003 einen Abrechnungsbescheid erlassen. Hierin hat das Finanzamt rückständige ESt 1987 in Höhe von 22.134,11 EUR (Fälligkeit 21. Februar 1990) nebst 39.766,00 EUR Säumniszuschläge (bis 21. August 2003) und einen Verspätungszuschlag zur ESt 1987 in Höhe von 511,29 EUR festgestellt. In einem weiteren Schreiben ebenfalls vom 30. Juli 2003 hat das Finanzamt dem Kläger darüber hinaus mitgeteilt, dass ...