Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeld für Kinder der Lebenspartnerin bei eingetragener Lebenspartnerschaft - Keine Gleichstellung mit Kindern des Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
Kinder eines gleichgeschlechtlichen Lebenspartners sind nicht als "Kinder seines Ehegatten" i.S. des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen. Dies gilt auch bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Die unterschiedliche Behandlung von Kindern des Ehegatten einerseits und von Kindern des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners andererseits ist nicht verfassungswidrig und verstößt auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden daher nur die in den Haushalt aufgenommenen Kinder des Ehegatten berücksichtigt, nicht aber Kinder der Partnerin einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Kindergeld für die leiblichen Kinder ihrer in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Lebenspartnerin und den Zählkindervorteil.
Die Klägerin lebt seit dem 2009 in eingetragener Lebenspartnerschaft. Die Klägerin erhält für ihre Kinder A (geboren 1999) und B (geboren 2011) Kindergeld. Am 17. Mai 2011 beantragte sie darüber hinaus Kindergeld für die leiblichen Kinder ihrer Lebenspartnerin C (geboren 2001) und D (geboren 2003).
Mit Verwaltungsakt vom 18. Mai 2011 wurde das Kindergeld für C und D abgelehnt. Mit fristgerechtem Einspruch trägt die Klägerin vor, dass sie und ihre Lebenspartnerin mit insgesamt vier Kindern im gemeinsamen Haushalt leben. Alle vier Kinder würden gemeinsam versorgt werden. Die Betreuung und auch die Unterhaltssicherung erfolgen gemeinschaftlich durch die Lebenspartnerinnen. Gemäß § 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) würden gemäß Abs. 1 Ziff. 2 als Kinder auch die vom Kindergeldberechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten berücksichtigt. Zwar enthalte der § 63 Abs. 1 Ziff. 2 EStG insofern keine ausdrückliche Erwähnung für eingetragene Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Indes sei die Regelung des § 63 EStG sowohl mit Art. 3 und 5 des Grundgesetzes (GG) als auch europarechtlichen Vorgaben unvereinbar. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 2004 stamme noch aus einer Zeit, als die Gleichbehandlung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern noch nicht vollständig vollzogen gewesen sei. Allerdings habe bereits im Jahr 2010 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2010 (1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/09) erklärt, dass auch der Splittingtarif im EStG nicht vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG sei. Auch im Bereich der Rentengleichstellung zwischen verheirateten Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften sei durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2011 eine Grundsatzentscheidung erfolgt. Vor diesem Hintergrund könne die Auffassung, in § 63 EStG läge keine planwidrige Regelungslücke vor bzw. die Vorschriften des § 63 i.V.m. § 32 EStG seien verfassungsgemäß, nicht geteilt werden. Sie gehe davon aus, dass bei einer verfassungsgemäßen Auslegung der Vorschrift, die Kinder von eingetragenen Lebenspartnern, welche in einem gemeinsamen Haushalt großgezogen würden, ebenso wie Kinder von Ehegatten, die in einem gemeinsamen Haushalt großgezogen würden, gleich zu behandeln seien. Dies wiederum hätte zur Folge, dass die Kinder der Lebenspartnerin der Klägerin bei der Berechnung des Kindergeldes mit zu berücksichtigen wären und insofern eine Kindergeldberechtigung für vier Kinder vorliege. Damit ergäben sich allerdings auch im Hinblick auf die Höhe der festzusetzenden Kindergeldbeträge erhebliche Unterschiede, da sodann ein drittes und viertes Zählkind in der zwischen Lebenspartnerinnen geführten Familiengemeinschaft gegeben wären.
Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2011 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Kindergeld könne nach § 62 Abs. 1 Satz 1 EStG nur für Kinder im Sinne des § 63 EStG beansprucht werden. Die Kinder der Lebenspartnerin seien jedoch keine Kinder im Sinne des § 63 EStG. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG würden Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG berücksichtigt werden. Die letztgenannte Vorschrift beziehe sich auf Kinder, die im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandt seien, und auf Pflegekinder. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG seien bei den Kindern eines gleichgeschlechtlichen Lebenspartners nicht erfüllt, weil sie mit dem gleichgeschlechtlichen Lebenspartner ihrer Mutter (oder Vaters) nicht verwandt seien und auch nicht als verwandt gelten würden. Die Kinder der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerin der Klägerin seien mit dieser nicht im Sinne des § 1589 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verwandt. Die Kinder würden auch nicht als mit der Einspruchsführerin verwandt, sondern nach § 11 Abs. 2 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) als verschwägert gelten.
Die Kinder der Lebenspartnerin seien au...