Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Beendigung einer umsatzsteuerlichen Organschaft bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
Leitsatz (redaktionell)
Im Falle der vorläufigen Insolvenzverwaltung endet die umsatzsteuerliche Organschaft nur dann, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter auf Grund der ihm im Einzelfall übertragenen Pflichten den maßgeblichen Einfluss auf die Organgesellschaft erhält und ihm vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft möglich ist.
Ansonsten endet die Organschaft erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; InsO § 21 Abs. 2 Nrn. 1-2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, zu welchem Zeitpunkt die Organschaft zwischen dem Kläger (Kl.) als Organträger und der Organgesellschaft, der A (GmbH), beendet war.
Dem Streit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:Zwischen dem Kl. und der GmbH, dessen Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Kl. war, bestand bis 17. Februar 1999 unstreitig ein Organverhältnis. Der Kläger hatte auch das Grundstück auf dem die GmbH betrieben wurde, an diese vermietet.
Nachdem für die GmbH beim Amtsgericht ein Insolvenzantrag gestellt worden war, ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 17. Februar 1999 Folgendes an:
"In dem Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der A, Anschrift ... bzw. Anschrift ... vertr. d. d. GF. X wird heute am 17.02.99, 12.30 Uhr, zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und Aufklärung des Sachverhalts angeordnet (§§ 21, 22 InsO):
1. Es wird die vorläufige Verwaltung des Vermögens gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO angeordnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wird Rechtsanwalt ... bestellt.
2. Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens sind nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam.
3. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin. Das Recht zur Ausübung der Arbeitgeberbefugnis verbleibt bei der Schuldnerin. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat die Aufgabe, durch Überwachung der Schuldnerin deren Vermögen zu sichern und zu erhalten. Er wird ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln, ist jedoch verpflichtet, diese Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe schon vor der Verfahrenseröffnung dringend erforderlich ist.
4. Den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldnern) wird verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen und die eingehenden Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner werden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO)."
Am 26. April 1999 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
In einem Schreiben des vorläufigen Insolvenzverwalters wegen der Beantragung der Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 05. März 2001 schrieb dieser an das Amtsgericht u. a. Folgendes:
"Gemäß des Gerichtsbeschlusses vom 17. Februar 1999 wurden von dem Unterzeichner als vorläufigen Insolvenzverwalter die gesamten von der Schuldnerin genutzten Vermögensgegenstände in Beschlag genommen."
"Schließlich unterlagen in dem vorliegenden Verfahren sämtliche Vermögenswerte der Schuldnerin, insbesondere das umfangreiche bewegliche Anlagevermögen einschl. des Fuhrparks sowie die zahlreichen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die Verwaltung und Tätigkeit des Unterzeichners."
"Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters erstreckte sich in diesem Verfahren somit auf das gesamte von der Schuldnerin genutzte Vermögen."
"Darüber hinaus wurden Vorarbeiten für die Schließung des schuldnerischen Geschäfts durchgeführt. Im Zuge der Geschäftsschließung mussten Kundenbeziehungen und Dauerschuldverhältnisse beendet und nach Veranlagung übertragen werden."
"Des Weiteren wurde versucht, neue Aufträge zu akquirieren, um eine Fortführung des Geschäftsbetriebs über den Eröffnungszeitraum hinaus zu ermöglichen."
"Hinzu kommt die Vergütung für die Betriebsfortführung. Die Betriebsfortführung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt unterscheidet sich bei gleicher Dauer nach den zu erbringenden Leistungen bei der Geschäftsfortführung nicht von der des endgültigen Verwalters."
"Nach Anordnung der vorläufigen Verwaltung wurde der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin unter Aufsicht des vorläufigen Insolvenzverwalters fast drei Monate fortgeführt."
"Bereits während der vorläufigen Verwaltung wurden sämtliche Buchungen und Zahlungseingänge über das Büro des Unterzeichners abgewickelt. Die Zahlungseingänge mussten mit den erstellten Rechnungen verbucht werden. Dabei musste jede wirtschaftliche Handlung der Schuldnerin aufgrund des Zustimmungsvorbehaltes von dem Unterzeichner geprüft und genehmigt werden. Schließlich mussten personalrechtliche Fragen bearbeitet und die Vertretung des Geschäftsbetriebs gegenüber Gläubigern jeweils von dem Unterzeichner ...