Entscheidungsstichwort (Thema)
6b-Rücklage - Veräußerung eines Grundstücks nach Sandabbau an einen Abwasserzweckverband (AZV) - „Verfüllrecht“ als selbständiges Wirtschaftsgut
Leitsatz (redaktionell)
In eine Rücklage gem. § 6b EStG kann nur der Teil des Veräußerungsgewinns eingestellt werden, der den Grund und Boden i. S. des § 6b Abs. 1 EStG betrifft.
Das Recht eines AZV, das erworbene Grundstück mit Klärschlamm zu verfüllen („Auffüllrecht“). stellt ein selbständiges, im Rahmen des § 6b EStG nicht berücksichtigungsfähiges Wirtschaftsgut dar.
Normenkette
EStG § 6b Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Klägerin für den Gewinn aus dem Verkauf eines Grundstücks eine Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) bilden durfte.
Die Klägerin betreibt ein Tiefbauunternehmen. Sie ermittelt den Gewinn durch Bestandsvergleich (§ 5 EStG).
Im Jahre 1982 erwarb die Klägerin ein unbebautes Grundstück mit einem Kies- und Sandvorkommen. Am 5. Juli 1982 erhielt die Klägerin die Genehmigung, auf dem Grundstück Sand abzubauen. Die Genehmigung war unter der Auflage erteilt worden, die entstehende Grube zum Zwecke der Rekultivierung wieder zu verfüllen. Als Verfüllgut durften nur wasserunlösliche Stoffe verwendet werden. Die endgültige Rekultivierung hatte bis zum 31. Dezember 1990 zu erfolgen.
Nach Abbau des Sandvorkommens schloss die Klägerin am 27. Dezember 1988 mit dem Abwasser-Zweckverband (AZV) einen notariellen Vertrag über den Verkauf dieses Grundstücks. Der vorläufige Kaufpreis betrug 341.000 DM und setzte sich wie folgt zusammen:
a) |
Entschädigung für Grund und Boden (2 DM/qm, bei 3 ha) |
60.000 DM |
b) |
Entschädigung des Auffüllrechts von vorläufig 116.000 cbm (125.000 cbm ./. 9.000 cbm Mutterbodenabdekkung) x 2,50 DM (vorbehaltlich einer genauen Masseermittlung aufgrund einer noch durchzuführenden Vermessung) |
290.000 DM |
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Summe: |
350.000 DM |
c) |
abzüglich Aufwendungen für die erforderliche Mutterbodenabdeckung von rd. 9.000 cbm x 1 DM |
9.000 DM |
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341.000 DM |
In § 9 des Vertrages behielt sich der AZV ein jederzeitiges Rücktrittsrecht vor - und zwar ohne Angabe von Gründen.
Das Rücktrittsrecht war vereinbart worden, weil der AZV an dem Erwerb des Grundstücks nur interessiert war, wenn ihm die behördliche Genehmigung zur Lagerung von Klärschlamm erteilt werden würde, der in seinem Betrieb anfiel. Für die Erteilung der Genehmigung wurde es erforderlich, den Kaufpreis für das Grundstück in der oben dargestellten Weise kalkulatorisch aufzuteilen, um der Genehmigungsbehörde gegenüber darzulegen, welchen Wert das Grundstück für den Erwerber im Hinblick auf die Beseitigung von Klärschlamm hatte.
Dem AZV wurde mit Verwaltungsakt vom 10. Dezember 1992 die Errichtung eines Klärschlamm-Zwischenlagers für einen Zeitraum von längstens 12 Jahren genehmigt.
Bereits am 23. November 1992 erklärten die Klägerin und der AZV, dass sie sich darüber einig sind, dass das dem Käufer vorbehaltene Rücktrittsrecht nunmehr aufgehoben werde und der Kaufvertrag vom 27. Dezember 1988 unter Berücksichtigung der nachstehenden Änderungen vollzogen werden soll und dass u. a. der Kaufpreis für das 3 ha große Grundstück 330.000 DM betrage und bis zum 30. November 1992 fällig werde.
Die Klägerin stellte den gesamten Veräußerungsgewinn in Höhe von 280.000 DM in ihrer Schlussbilanz zum 31. Dezember 1992 in eine Rücklage gemäß § 6b EStG ein.
Im Jahre 1996 führte das beklagte Finanzamt (FA) für die Veranlagungszeiträume 1992 bis 1994 eine Außenprüfung durch. Die Rücklage erkannte der Prüfer nur insoweit an, als sie die aufgedeckten stillen Reserven für den Grund und Boden (10.000 DM) betraf. Im Übrigen vertrat der Prüfer die Ansicht, dass ein selbständiges Wirtschaftsgut (WG), das „Verfüllrecht“, veräußert worden war. In Höhe des Differenzbetrages (270.000 DM) wurde die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst.
Das FA schloss sich der Meinung des Prüfers an. Am 10. Januar 1997 erging ein entsprechend geänderter Feststellungsbescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1992.
Dagegen erhob die Klägerin Einspruch und führte zur Begründung im Wesentlichen aus:
Durch die Grundstücksveräußerung mit Vertrag vom 23. November 1992 sei ein Gewinn entstanden, der in voller Höhe in eine Rücklage gemäß § 6b EStG eingestellt werden könne. Das FA gehe davon aus, dass die Klägerin durch diesen Vertrag zwei WG verkauft habe, den Grund und Boden des Grundstücks für einen Preis von 60.000 DM und ein Rekultivierungsrecht für den Restbetrag des vereinbarten Kaufpreises. Dieser Ansicht könne schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil die 6-b-Rücklage nicht für einen sich aus dem Vertrag vom 27. Dezember 1988 ergebenden Gewinn gebildet worden sei. Die Rücklage sei vielmehr in der Schlussbilanz des Jahres 1992 für einen Gewinn gebildet worden, der aufgrund des am 23. November 1992 abgeschlossenen Vertrages entstanden sei. Nach diesem Vertrag habe die Klägerin aber an d...