Rz. 20

§ 743 ZPO (Beendete Gütergemeinschaft)

Nach der Beendigung der Gütergemeinschaft ist vor der Auseinandersetzung die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut nur zulässig, wenn beide Ehegatten zu der Leistung oder der eine Ehegatte zu der Leistung und der andere zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurteilt sind.

Die Gütergemeinschaft kann durch Ehevertrag,[1] Aufhebungsurteil,[2] Tod eines Ehegatten[3] und Auflösung der Ehe durch Scheidung, Aufhebung und Nichtigkeit enden. Obwohl die Gütergemeinschaft nicht mehr existiert, gilt sie noch bis zum Abschluss ihrer Abwicklung als gemeinsam verwaltete Gesamthandsgemeinschaft fort.[4] Für die Zeit bis zur Beendigung der Abwicklung ist die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut nur unter den Voraussetzungen des § 743 ZPO zulässig. Voraussetzung für die Vollstreckung in das noch nicht auseinandergesetzte Gesamtgut ist, dass sich entweder ein vollstreckbarer Verwaltungsakt gegen beide Ehegatten richtet oder – anders als § 740 Abs. 2 ZPO – der eine Ehegatte zu der Leistung und der andere zur Duldung der Zwangsvollstreckung aufgrund eines Duldungsbescheids nach § 191 Abs. 1 AO verpflichtet ist. Im Fall der Beendigung der Gütergemeinschaft durch Tod eines Ehegatten ist der Verwaltungsakt gegen dessen Erben zu richten.[5] § 743 ZPO findet in entsprechender Anwendung des § 263 AO auch für die Vollstreckung gegen die eingetragene Lebenspartnerschaft entsprechend Anwendung, sofern der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und im Lebenspartnerschaftsvertrag Gütergemeinschaft vereinbart wurde.[6]

 

Rz. 21

Wurde mit der Vollstreckung bereits vor der Beendigung der Gütergemeinschaft begonnen, so wird sie mit der Beendigung der Gütergemeinschaft unzulässig, wenn nicht gegen den anderen Ehegatten ebenfalls ein vollstreckbarer Verwaltungsakt oder ein Duldungsbescheid vorliegt.[7] Sind Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft entstanden, so haftet das noch in Abwicklung befindliche Gesamtgut nur noch dann, wenn gegen beide Ehegatten vollstreckbare Verwaltungsakte ergangen sind oder die Eheleute Gesamtschuldner geworden sind.[8]

 

Rz. 22

Von jedem der Ehegatten (bzw. der Erben) sind Einwendungen gegen die Haftung des Gesamtguts durch Widerspruchsklage nach § 262 AO und Verstöße gegen § 263 AO i. V. m. § 743 ZPO durch Einspruch und notfalls im Finanzrechtsweg geltend zu machen.

[3] Ausnahme: Fortsetzung der Gütergemeinschaft mit Abkömmlingen nach § 1483 BGB; vgl. Rz. 23.
[5] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 263 AO Rz. 33.
[6] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 263 AO Rz. 37; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 263 Rz. 18.
[7] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 263 AO Rz. 34; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 263 Rz. 18.
[8] Klein/Werth, AO, 16. Aufl. 2022, § 263 Rz. 15; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 263 AO Rz. 35; Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 263 AO Rz. 31.

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