Rz. 78
Im Fall der Abtretung ist der Abtretungsempfänger (Zessionar) Leistungsempfänger i. S. d. § 37 Abs. 2 S. 1 AO, weil das FA willentlich an ihn geleistet und er den ohne rechtlichen Grund ausgezahlten Betrag aus – erworbenem – eigenen Recht erhalten hat. Dies gilt auch dann, wenn die Abtretung unwirksam war. Der Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das FA die Unwirksamkeit der Abtretung kannte oder hätte kennen müssen. Bei anteiliger Abtretung eines Anspruchs an mehrere Zessionare sind diese im Verhältnis der an sie ausgezahlten Beträge zur Erstattung verpflichtet.
Rz. 79
Diese Grundsätze finden nach der Rspr. des BFH auch in den Fällen der Sicherungsabtretung Anwendung. Zahlt die Finanzbehörde aufgrund einer von einem Kreditinstitut angezeigten Sicherungsabtretung auf ein in der Formularanzeige angegebenes Konto bei der Bank, soll die Bank selbst dann Leistungsempfängerin i. S. d. § 37 Abs. 2 AO sein, wenn Kontoinhaber der Zedent ist. Das FA soll die Bank nur dann nicht auf Erstattung einer rechtsgrundlosen Zahlung in Anspruch nehmen dürfen, wenn ihm ausdrücklich mitgeteilt worden ist, dass der Zedent trotz der Abtretungsanzeige aufgrund der Sicherungsabrede im Innenverhältnis zur Bank weiterhin verfügungsberechtigt und damit Leistungsempfänger sein soll.
Demgegenüber wird in der Literatur für eine Differenzierung zwischen dem Sicherungs- und Verwertungsstadium plädiert. Solange nach der Sicherungsabrede dem Zedenten das Einziehungsrecht zusteht, soll dieser Leistungsempfänger der auf seinem Konto eingehenden Konto bleiben; erst mit Eintritt des Sicherungsfalls und dem damit verbundenen Übergang des Einziehungsrechts auf den Zessionar soll die Bank zur Leistungsempfängerin werden. Diese Unterscheidung leuchtet unter rechtssystematischen Gesichtspunkten zwar ein, macht die Bestimmung des Rückforderungsschuldners aber von Umständen im Innenverhältnis zwischen Zedent und Zessionar abhängig, die für das FA nicht ohne weiteres erkennbar sind.
Rz. 80
Bei Zahlungen, die das FA als Drittschuldner aufgrund einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung erbringt, ist der Pfändungsgläubiger als Leistungsempfänger anzusehen, weil er den Erstattungsbetrag aus eigenem Recht durch eine willentliche Leistung des FA erhält. Dies gilt auch dann, wenn das FA versehentlich an den Pfändungsgläubiger ein von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht erfasstes Erstattungsguthaben des Vollstreckungsschuldners auszahlt.
Rz. 81
Bei der rechtsgeschäftlichen Verpfändung von Forderungen wird der Pfandgläubiger nicht Inhaber des verpfändeten Rechts, sondern erlangt lediglich eine Einziehungs- und Empfangsbefugnis, die vor und nach der Pfandreife, d. h. der Fälligkeit der Forderung, unterschiedlich ausgestaltet ist. Vor der Pfandreife kann der Schuldner nur an den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich leisten; jeder von beiden kann verlangen, dass an sie beide gemeinschaftlich geleistet wird. Erst nach Eintritt der Pfandreife ist der Pfandgläubiger (allein) zur Einziehung der Forderung berechtigt. Im Hinblick darauf hatte es der BFH zunächst als ernstlich zweifelhaft beurteilt, ob sich der Rückforderungsanspruch bei Auszahlung auf das in der Verpfändungsanzeige angegebene Konto des Pfandgläubigers gegen diesen richtet. Durch die Einfügung des § 37 Abs. 2 Satz 3 AO hält der BFH die Rechtsfrage für geklärt. Daraus, dass sich nach dieser Vorschrift der Rückforderungsanspruch im Falle der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung "auch" gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner richtet, soll sich ergeben, dass der Gesetzgeber im Falle der Verpfändung den Pfandgläubiger schon nach der bisherigen Rechtslage als Leistungsempfänger angesehen hat. Demgegenüber wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass der Leistungsempfänger ebenso wie im Fall der Sicherungsabtretung (s. Rz 79) anhand des Einziehungsrechts zu bestimmen sei.
Rz. 82 einstweilen frei