Rz. 49

Bereits nach allgemeinen Grundsätzen der Konkurrenzlehre wird der Gefährdungstatbestand des § 380 AO vom Erfolgstatbestand des § 378 AO verdrängt, was auch der ausdrücklichen (überflüssigen) Regelung in § 380 Abs. 2 AO entspricht. Folglich ist § 380 AO nicht anwendbar, wenn der Pflichtige die jeweilige Abzugsteuer in der von ihm abzugebenden Erklärung gegenüber dem FA leichtfertig nicht oder unrichtig erklärt.

Wird eine Abzugsteuer insgesamt verheimlicht, wird § 380 AO von § 370 AO verdrängt.

 

Rz. 50

Sofern eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung zwar objektiv und subjektiv vorliegt, das Verfahren jedoch aus Opportunitätsgründen gem. §§ 153, 153a StPO, §§ 398, 398a AO eingestellt wird oder im Fall des § 378 AO gem. § 410 I Hs. 1 AO, § 47 Abs. 1 OWiG von der Verhängung einer Geldbuße abgesehen wird, so bleibt die Möglichkeit der Verhängung einer Geldbuße nach § 380 AO bestehen.[1]

 

Rz. 51

Subsidiär ist § 380 AO gegenüber tateinheitlich begangenen Straftaten.[2] Es ist allerdings zu beachten, dass die häufig einhergehende Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben gem. § 266a StGB in aller Regel tatmehrheitlich erfolgt und somit § 380 AO in diesen Fällen nicht verdrängen wird.[3] Der Tatbestand der Untreue gem. § 266 StGB wird hingegen durch eine ordnungswidrige Handlung i. S. d. § 380 AO nicht verwirklicht, da der Abführungsverpflichtete weder zum Steuergläubiger Finanzbehörde noch zum Steuerschuldner in einem Treueverhältnis i. S. d. § 266 StGB steht.[4]

 

Rz. 52

Hat der Täter mehrfach Zahlungen vorgenommen, ohne die Abzugsteuer einzubehalten und abzuführen, also z. B. im Rahmen des LSt während eines Jahres jeden Monat Löhne ausgezahlt, die einbehaltene LSt aber nicht abgeführt[5], so stehen die einzelnen Taten im Verhältnis der Tatmehrheit.[6]

[1] Jäger/Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 380 AO Rz. 52.
[3] BGH v. 13.5.1992, 5 StR 38/92, BGHSt 38, 285; Klein/Jäger, AO, 13. Aufl. 2016, § 380 Rz. 17; Heerspink, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 380 Rz. 84.
[4] BGH v. 3.4.1952, 3 StR 630/51, BGHSt 2, 338; Jäger/Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 380 AO Rz. 54.
[5] Zum Verhältnis der Tatbestandsalternativen vgl. Rz. 30.
[6] KG v. 22.9.1997, 2 Ss 250/97, 4 Ws (B) 209/97.

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