Rz. 18

Liegen die Voraussetzungen vor, so stellt die Finanzbehörde den Antrag auf Erlass ­eines Strafbefehls beim zuständigen Gericht. Finanzbehörde i. d. S. ist die jeweils zuständige Behörde, die mit der Verfolgung von Steuerordnungswidrigkeiten und Straftaten betraut ist. Dabei kann es sich um ein eigenständiges FA handeln[1] oder um eine besondere Abteilung innerhalb eines FA[2]. Unzuständig ist jedenfalls die Steuer- oder Zollfahndungsstelle.[3] Dies ergibt sich schon aus der Systematik des 8. Teils der AO. Dort wird zwischen der Finanzbehörde und der Steuer- und Zollfahndung differenziert. Während die Finanzbehörde die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahrnimmt[4], stehen den Zollfahndungsämtern und den mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen dieselben Rechte und Pflichten wie den Behörden des Polizeidienstes zu.[5]

Dieses Ergebnis wird nicht verändert durch die zunehmende Praxis, die Sachbearbeiter der Bußgeld- und Strafsachenstellen sowie diejenigen der Steuerfahndung unter einheitlicher Leitung in sog. Einheitssachgebieten zusammenzufassen. Diese Organisationsform ist zulässig[6] Der Amtsträger, der den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls beim Gericht stellt, muss keine Befähigung zum Richteramt haben.[7] Allerdings muss er über eine dem Amtsanwalt vergleichbare Ausbildung verfügen, was bei Bediensteten des gehobenen Dienstes in der Finanzverwaltung regelmäßig der Fall ist.[8] Der Strafbefehlsantrag wird über die Staatsanwaltschaft dem Gericht zugeleitet. Allerdings prüft die Staatsanwaltschaft den Strafbefehlsantrag nicht, sondern vergibt lediglich ein Aktenzeichen.

[1] So z. B. das FA für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg.
[2] So z. B. die Bußgeld- und Strafsachenstelle beim FA München.
[3] Webel, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 400 AO Rz. 7.
[6] LG Bremen v. 17.3.2009, 31 KLs 800 Js 33902/03, n. v.
[7] BVerfG v. 5.5.1994, 2 BvL 52/92, wistra 1994, 263; a. A. AG Braunschweig v. 4.5.1992, 9 Cs 400 Js 46909/91, wistra 1992, 234.
[8] Tormöhlen, in HHSp, AO/FGO, § 400 AO Rz. 7.

3.1 Form und Inhalt des Antrags

 

Rz. 19

Liegen die Voraussetzungen vor und hat die Finanzbehörde dies in ihrem wesentlichen Ermittlungsergebnis vermerkt, so fertigt sie einen Strafbefehlsentwurf. Dieser muss inhaltlich den Ansprüchen des § 409 StPO genügen und folgende Angaben enthalten[1]:

  • Angaben zur Person des Angeklagten und etwaige Nebenbeteiligte,
  • Name des Verteidigers,
  • Bezeichnung der Tat, die dem Angeklagten zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung und die Bezeichnung der gesetzlichen Merkmale der Straftat,
  • angewendete Vorschriften nach Paragraf, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes,
  • Beweismittel,
  • Festsetzung der Rechtsfolgen,
  • Belehrung über die Möglichkeit des Einspruchs und die dafür vorgeschriebene Frist und Form sowie den Hinweis, dass der Strafbefehl rechtskräftig und vollstreckbar wird, soweit gegen ihn kein Einspruch nach § 410 StPO eingelegt wird.

Enthält der Strafbefehlsentwurf keine präzise und konkretisierte Beschreibung der Tat, so wird er bei Erlass dennoch wirksam.[2] Allerdings führt ein Einspruch[3] dazu, dass der Strafbefehl nicht seiner üblichen Funktion als tauglicher Anklageersatz[4] dienen kann. Das Verfahren ist in diesem Falle einzustellen. Der Grund dafür liegt darin begründet, dass der Strafbefehl gleich einer Anklageschrift seiner Umgrenzungsfunktion[5] nachkommen muss, um den Prozessgegenstand, mit dem sich das Gericht zu befassen hat, genau festzulegen.[6] Bei einer Vielzahl von Taten, wie dies bei Steuerstraftaten häufig der Fall ist, kann der konkrete Tatvorwurf in verständlicher und unverwechselbarer Form, beispielsweise tabellarisch, dargestellt werden. Es muss in jedem Fall enthalten sein.[7],

  • die gesetzlich geschuldete Steuer, aufgegliedert nach Steuerart, nicht jedoch nach Einkunftsart, und Veranlagungszeitraum,
  • die erklärte, bzw. nicht in voller Höhe oder gar nicht erklärte Steuer,
  • Datum der Steuererklärung und des jeweiligen Steuerbescheids, bzw. letzter Tag, bis zu dem die Steuer zu erklären gewesen wäre,
  • nicht erforderlich ist, anders als im Urteil, die Mitteilung der konkreten Berechnung der verkürzten Steuer[8]; dies gilt auch im Fall einer Schätzung[9]; maßgebend ist, dass die in dem Strafbefehlsentwurf vorgeworfene Tat eindeutig und unverwechselbar identifiziert werden kann.
 

Rz. 19a

Werden die Akten elektronisch bei der Ermittlungsbehörde geführt, so sind diese nach § 32b StPO zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft grundsätzlich elektronisch auszutauschen. Zudem ist die Übermittlung des Strafbefehlsentwurfs gem. § 32b Abs. 3 StPO an das Gericht regelmäßig auf elektronischem Wege vorzunehmen. Dies gilt gleichermaßen für die Finanzbehörde, wenn sie den Strafbefehl beantragt.[10]

 

Rz. 20

Die Finanzbehörde fertigt für die Antragstellung einen vollständigen Entwurf. Soweit eine Freiheitsstrafe beantragt wird, bereitet sie zusätzlich einen Bewährungsbeschluss vor. Darin können Bewährungsauflagen, insbesondere Geldauflagen o...

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