1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz v. 5.9.2006[1] in das FVG eingefügt worden. Sie hat vor allem das Ziel, "föderalismusbedingte" Vollzugsdefizite, die der Bundesrechnungshof mehrfach beklagt hat und die auch Grundlage von Entscheidungen des BVerfG gewesen sind[2] dadurch zu beseitigen, dass die Einwirkungsrechte des BMF gestärkt werden[3]. Welche Gründe die Vollzugsdefizite im Einzelnen haben, ist nicht immer klar zu erkennen. Passen steuerpolitische Ziele und die Verfahrenswerkzeuge nicht zusammen, sind Vollzugsdefizite vorprogrammiert, die sich auch nicht durch eine Stärkung der Einwirkungsrechte des BMF verhindern lassen. Andere Vollzugsdefizite sind tatsächlich föderalismusbedingt, wenn sie mit der Ausgestaltung des horizontalen Finanzausgleichs zusammenhängen. Weitere Vollzugsdefizite beruhen auf einem ungleichen Einsatz der Personalressourcen oder unterschiedlichen Veranlagungsgrundsätzen der Bundesländer. Hier können einheitliche Verwaltungsgrundsätze in der Tat helfen.

[1] BGBl I 2006, 2098.
[3] BT-Drs. 16/814, 19.

2 Maßnahmen nach Abs. 1

 

Rz. 2

Das mindestens seit Schaffung der RAO angeführte hohe Ziel der Einheitlichkeit der Besteuerung, das in der AO nicht nur in § 85 AO (Besteuerungsgrundsätze), sondern in einer Reihe anderer Vorschriften zum Ausdruck[1] kommt, ist das in § 21a Abs. 1 S. 1 FVG neben der Verbesserung und Erleichterung des Vollzugs von Steuergesetzen genannte Hauptziel der Regelung. Die weiterhin angestrebte Gleich- und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung soll durch die in § 21a Abs. 1 S. 1 FVG angeführten Maßnahmen intensiver verfolgt werden. Diese Maßnahmen, die Bestimmungen des BMF in einem dort geregelten Verfahren sind, werden wegen dieses Verfahrens in Abs. 3 als "Vereinbarungen" bezeichnet. In § 21a Abs. 1 S. 1 FVG werden folgende Maßnahmen (Bestimmungen) genannt:

  • Vereinbarung einheitlicher Verwaltungsgrundsätze,
  • Vereinbarung gemeinsamer Vollzugsziele,
  • Regelungen zur Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern,
  • Erteilung allgemeiner fachlicher Weisungen durch das BMF.

Diese Maßnahmen können, mit Ausnahme der Erteilung fachlicher Weisungen durch das BMF (s. Rz. 3), zu mehr Einheitlichkeit in den Steuerverwaltungen der Länder führen. Entscheidend sind der Inhalt der Vereinbarungen und Regelungen sowie die Intensität ihrer Durchsetzung.

3 Erteilung allgemeiner fachlicher Weisungen

 

Rz. 3

Schon bisher war umstritten, ob das BMF den Finanzbehörden der Länder allgemeine Weisungen erteilen darf. Im Bereich der Auftragsverwaltung gem. Art. 108 Abs. 3 GG unterstehen zwar die Länder nach Art. 85 Abs. 3 GG den Weisungen des BMF. Da jedoch nach Art. 108 Abs. 7 GG die Bundesregierung allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen kann, die der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, muss geschlossen werden, dass Weisungen i. S. d. Art. 108 Abs. 3 GG nur Einzelweisungen sein können. Allgemeine Weisungen des BMF würden danach die für allgemeine Verwaltungsvorschriften erforderliche Zustimmung des Bundesrats umgehen. Da zu dieser Frage zwischen dem BMF und den obersten Finanzbehörden der Länder Meinungsverschiedenheiten bestanden, ist folgende Lösung vereinbart worden:

Zur verwaltungsinternen Regelung bestimmter über einen Einzelfall hinaus bedeutsamer Fragen sendet das BMF zuvor mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmte Schreiben, deren Inhalt diese dann als Erlasse an die nachgeordneten Behörden weitergeben. Die Abstimmung über den Inhalt der Schreiben geschieht in den Sitzungen oder auf schriftlichem Weg im Kreis der jeweiligen Fachreferatsleiter, in besonderen Fällen im Kreis der Steuerabteilungsleiter der obersten Landesfinanzbehörden. Auch die bei der Abstimmung unterlegenen Länder fügen sich im Interesse einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung dem Mehrheitsergebnis. Dieses seit 1970 geübte Verfahren hat sich bewährt.

 

Rz. 4

Für eine Änderung – oder aus der Sicht des BMF: eine Klarstellung – des Art. 108 GG dahin, dass das BMF zur Erteilung allgemeiner fachlicher Weisungen berechtigt ist, ist zurzeit eine für die Grundgesetzänderung erforderliche qualifizierte Mehrheit im Bundesrat nicht zu erreichen. Deswegen ist durch die Regelung in § 21a FVG, also durch einfaches Gesetz, ein anderer Weg versucht worden, der mit Sicherheit nichts für eine Verbesserung der Einheitlichkeit der Besteuerung gegenüber dem bisher geübten Verfahren bewirken kann. Nach dieser Regelung in § 21a Abs. 1 S. 1 FVG darf das BMF allgemeine fachliche Weisungen erteilen, wenn die obersten Finanzbehörden zustimmen (vgl. Seer, in T/K, AO, § 21a FVG Rz. 2). S. 2 dieser Vorschrift bestimmt dazu, dass die Zustimmung als erteilt gilt, wenn nicht eine Mehrheit der Länder widerspricht. Wegen der Formulierung in § 21a Abs. 1 S. 1 FVG, die die Zustimmung der obersten Finanzbehörden der Länder auf das Wort "bestimmt" bezieht, nicht aber auf das im Zusammenhang mit den fachlichen Weisungen genannte Wort "erteilt", k...

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