Rz. 7
Die in § 81 Abs. 1 S. 2 FGO genannten Beweismittel sind nicht abschließend aufgeführt ("insbesondere"). Grundsätzlich steht es im Ermessen des Gerichts, welcher Beweismittel es sich bei der Amtsermittlung bedient. Dabei ist die Unmittelbarkeit des Beweismittels zu beachten. Wegen der von den Beteiligten benannten Beweismittel s. Rz. 3.
Rz. 8
Augenschein ist die sinnliche Wahrnehmung des Gerichts durch das Auge, aber auch durch die übrigen Sinnesorgane. Der Beweis durch Augenscheinseinnahme kann mit einem Beweis durch Sachverständigengutachten verbunden werden, wenn die erforderliche Wahrnehmung besondere Fertigkeiten und Erfahrungen erfordert.
Rz. 9
Zeugen sind natürliche Personen, die etwas über Tatsachen aufgrund eigener Wahrnehmung aussagen sollen. Zeugen vom Hörensagen machen eine Aussage über etwas aufgrund eigener Wahrnehmung Gehörtes oder Gelesenes. Die Verlesung von Protokollen, in denen Zeugenaussagen enthalten sind, ist nicht Zeugen-, sondern Urkundenbeweis. Zeugen, die ihre Wahrnehmung nur machen konnten, weil sie über besondere Fähigkeiten oder Kenntnisse verfügten, werden prozessual nicht als Sachverständige, sondern als Zeugen (sachverständige Zeugen) behandelt.
Rz. 10
Sachverständige sind Personen, die über aus ihrem Beruf stammende besondere Kenntnisse und Erfahrungen berichten und ggf. daraus auf für das Verfahren bedeutsame Tatsachen folgern. Sie erteilen dem Gericht als dessen Gehilfe schriftliche oder mündliche Gutachten.
Rz. 11
Die förmliche Vernehmung der Beteiligten kommt im finanzgerichtlichen Verfahren nur als letztes Hilfsmittel in Betracht. Dasselbe gilt, wenn es um die Vernehmung des Organs einer verfahrensbeteiligten Kapitalgesellschaft geht. Die Beteiligtenvernehmung kann nicht erzwungen werden. Beteiligte können nicht Zeugen sein.
Rz. 12
Urkunden sind durch Schriftzeichen verkörperte Gedankenäußerungen, auch in fremden Sprachen oder verschlüsselt. Es kann erforderlich sein, technische Hilfsmittel oder Sachverständige hinzuzuziehen, um den Inhalt zugänglich zu machen. Da Gegenstand des Urkundenbeweises der gedankliche Inhalt ist, nicht das äußere Erscheinungsbild, das Gegenstand des Augenscheinsbeweises ist, sind auch Datenträger u. ä. Urkunden, wenn auf ihnen eine Gedankenäußerung enthalten ist. Bild- und Tondokumente unterliegen hingegen nicht dem Urkundsbeweis, sondern dem Augenscheinsbeweis.
Rz. 13
Die formalen Vorschriften der ZPO über den Urkundenbeweis gelten im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht. § 82 FGO nimmt diese Vorschriften nicht in Bezug. Ihre strengen Beweisregeln entsprechen auch nicht dem Amtsermittlungsgrundsatz. Allerdings ist nach st. Rspr. unter Hinweis auf § 81 Abs. 1 S. 2 FGO der Urkundenbeweis i. S. d. § 418 Abs. 1 ZPO auch im finanzgerichtlichen Verfahren zulässig, selbst wenn § 82 FGO nicht auf §§ 415–444 ZPO verweist. Die fehlende Verweisung soll danach lediglich die formalisierten Beweisregeln der ZPO zugunsten der freien richterlichen Beweiswürdigung im finanzgerichtlichen Verfahren ausschließen. Einer öffentlichen Urkunde kommt daher auch im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung hoher Beweiswert zu; nach allgemeinen Erfahrungssätzen erbringt sie im Regelfall vollen Beweis für die in ihr beurkundeten Tatsachen. Das gilt insbesondere für den Eingangsstempel einer Behörde oder eines Gerichts, der grds. als Beweis für Zeit und Ort des Eingangs eines Schreibens zugrunde zu legen ist. Allerdings ist der Gegenbeweis durch Zeugen oder andere Beweismittel möglich.
Rz. 14
Neben den in § 81 Abs. 1 S. 2 FGO genannten Beweismitteln kommen weitere in Betracht. Hier ist besonders zu nennen der Einsatz eines gerichtlichen Prüfungsbeamten als Sachverständiger. Auch amtliche Auskünfte über streitige Tatsachen können im Rahmen der Beweisaufnahme nach Beweisbeschluss eingeholt werden.