1 Allgemeines
Rz. 1
§ 94 FGO verweist für das Protokoll auf §§ 159 bis 165 ZPO. Die Norm ist wegen der allgemeinen Verweisung des § 155 Satz 1 FGO überflüssig. § 94 FGO ist historisch zu erklären, weil seine ursprüngliche Fassung eigene, aber nicht abschließende Regelungen zum Protokoll enthielt und deshalb über § 155 FGO eine Verweisung auf die Vorschriften der ZPO erforderlich war. Seit 2018 verdeutlicht § 94 FGO mit der Verwendung des Begriffs "Protokoll" anstelle des Begriffs "Niederschrift" – ohne inhaltliche Änderung –, dass "Niederschriften" bei elektronischer Aktenführung auch in elektronischer Form erstellt werden können.
1.1 Bedeutung und Zweck
Rz. 2
Die vom FG vorzunehmende Protokollierung über die mündliche Verhandlung dient dem Zweck, den vom FG ermittelten Tatsachenstoff zu sichern und dadurch die Überprüfung des darauf beruhenden Urteils durch das Rechtsmittelgericht zu ermöglichen. Demgemäß kann das Protokoll auch Tatsachenstoff enthalten, der sich aus der bisherigen Aktenlage nicht ergibt, z. B. durch neuen Sachvortrag der Beteiligten.
Rz. 3
Dem Protokoll kommt auch deshalb für eine Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde besondere Bedeutung zu, weil es gem. § 94 FGO i. V. m. § 165 ZPO Beweiskraft für die Einhaltung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten hat. Wollen die Beteiligten Verfahrensfehler geltend machen, so haben sie beispielsweise darauf zu achten, dass sie ihr Rügerecht bei verzichtbaren Verfahrensmängeln nicht deshalb verlieren, weil sie versäumt haben, ihre (rechtzeitige) Rüge in das Protokoll aufnehmen zu lassen. Solange die mündliche Verhandlung nicht beendet ist, ist ein Antrag auf Protokollergänzung zu stellen, dessen Ablehnung als Beschluss in das Protokoll aufzunehmen ist. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist Protokollberichtigung zu beantragen.
Rz. 4
Prozesshandlungen sind allerdings auch ohne ihre Protokollierung wirksam. Der Nachweis der Prozesshandlung kann – soweit nicht § 94 FGO i. V. m. § 165 ZPO für den äußeren Hergang der Verhandlung eingreift – in anderer Weise als durch das Protokoll erfolgen.
Rz. 5
Die Aufnahme in das Protokoll ersetzt die Schriftform. Beispielsweise kann die Einlegung einer Beschwerde nach § 129 Abs. 1 FGO oder der Erlass eines Steuerbescheids zu Protokoll erklärt werden.
1.2 Anwendungsbereich
Rz. 6
§ 94 FGO gilt sowohl im finanzgerichtlichen Verfahren als auch über § 121 S. 1 FGO in Verfahren vor dem BFH. Ein Protokoll ist – über die in § 94 FGO i. V. m. § 159 ZPO genannten Fälle hinaus – auch bei Erörterungsterminen und in den Fällen des § 91a FGO ("Videokonferenz") zu führen.
2 Protokollaufnahme (§ 94 FGO i. V. m. § 159 ZPO)
Rz. 7
Zitat
§ 159 ZPO Protokollaufnahme
(1) Über die Verhandlung und jede Beweisaufnahme ist ein Protokoll aufzunehmen. Für die Protokollführung kann ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle zugezogen werden, wenn dies aufgrund des zu erwartenden Umfangs des Protokolls, in Anbetracht der besonderen Schwierigkeit der Sache oder aus einem sonstigen wichtigen Grund erforderlich ist.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Verhandlungen, die außerhalb der Sitzung vor Richtern beim Amtsgericht oder vor beauftragten oder ersuchten Richtern stattfinden. Ein Protokoll über eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche vor einem Güterichter nach § 278 Absatz 5 wird nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufgenommen.
2.1 Notwendigkeit eines Protokolls
Rz. 8
Gemäß § 94 FGO i. V. m. § 159 Abs. 1 S. 1 ZPO ist über jede mündliche Verhandlung ein Protokoll aufzunehmen. Dies gilt für Verfahren vor dem FG oder dem BFH, für Verhandlungen vor dem Senat, dem Einzelrichter oder dem Berichterstatter und unabhängig von dem Ort der Verhandlung. Ebenso ist entsprechend für jede Beweisaufnahme ein Protokoll aufzunehmen. Findet die Verhandlung vor einem beauftragten oder ersuchten Richter statt, ist nach § 159 Abs. 2 Satz 1 ZPO gleichfalls ein Protokoll zu führen. Ein gesonderter Verkündungstermin erfordert ebenso ein Protokoll wie ein Erörterungstermin.
Rz. 9
Au...