Rz. 50

Der Umsatz bei der Einfuhr wird gem. § 11 Abs. 1 UStG nach den Vorschriften über den Zollwert bemessen. Im Gegensatz zu den nach § 21 Abs. 2 UStG sinngemäß anzuwendenden Zollvorschriften, ist § 11 UStG eine eigenständige EUSt-Bemessungsvorschrift, d. h. die Vorschriften des Zollwerts sind nicht nur sinngemäß anzuwenden, sondern gelten unmittelbar. Das bedeutet, dass die zollrechtlichen Bewertungsvorschriften grundsätzlich auch anzuwenden sind, wenn die Bemessungsgrundlage nur für die EUSt festzustellen ist (z. B. bei zollfreien Waren).[1] Für diese Fälle steht es daher nicht im Belieben der Zollbehörden, Abweichungen von den Zollwertbestimmungen zu treffen.[2]

 

Rz. 51

Die Verweisung auf die "jeweils geltenden Vorschriften über den Zollwert" ist als dynamische Verweisung zu verstehen, d. h. es gelten für die EUSt auch die künftigen Rechtsänderungen zum Zollwert. Soweit zollwertrechtliche Vorschriften nicht auf die EUSt Anwendung finden sollen (z. B. § 11 Abs. 1 Hs. 2 i. d. F. des UStG 1991 mit der früheren Regelung über "Datenträgern, die in Datenverarbeitungsanlagen bestimmt sind und Daten oder Programmbefehle enthalten"), müssen diese Ausnahmen in § 11 UStG ausdrücklich genannt werden.

 

Rz. 52

Zollwert eingeführter Waren ist grundsätzlich ihr Transaktionswert (Art. 70 Abs. 1 UZK). Unter Transaktionswert ist der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis für Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union zu verstehen. Neben dem Transaktionswert kennt der UZK den deduktiven, den additiven und den nach zweckmäßigen Methoden ermittelten Zollwert, die an die Stelle des Transaktionswerts treten, wenn ein solcher nicht vorhanden ist. Grundsatz aller dieser Wertbegriffe ist, dass die Zollwertermittlung nur aufgrund von Wertelementen erfolgt, die messbar und bestimmbar sind und sich – soweit möglich – auf das konkrete Kaufgeschäft beziehen, das zur Einfuhr der zu bewertenden Ware geführt hat. Der Transaktionswert entspricht damit weitgehend der Bewertung nach dem Rechnungspreis, die nach Art. 9 ZWVO 1968 die Regel-Bewertungsmethode auch unter der Geltung der Normalpreisbewertung darstellte.

 

Rz. 53

Dagegen kennt der Unionszollkodex ebenso wie seine Vorläufer nicht den Normalpreisbegriff, der insbesondere dann, wenn ein Rechnungspreis nicht vorlag oder nicht anerkannt werden konnte, eine objektive und gleichmäßige Bewertung der eingeführten Waren gewährleistete. Nunmehr hat es der Importeur in gewissen Grenzen durch Vertragsgestaltung in der Hand, die Höhe des Zollwerts zu beeinflussen. Der UZK berücksichtigt nämlich die Eigenarten des individuellen Kaufgeschäfts; damit können auch erzielte niedrige Preise der Bewertung zugrunde gelegt werden. Es kommt hierbei auf die Handelsüblichkeit der gewährten Konditionen grundsätzlich nicht an; doch wird der Einführer u. U. den Nachweis dafür zu erbringen haben, dass der angemeldete Preis die vollständige Zahlung für die eingeführte Ware darstellt.[3]

 

Rz. 54

Der UZKbietet folgende Bewertungsmethoden für die Ermittlung des Zollwerts an:

  1. Regelmethode

    Transaktionswert der eingeführten Waren (Art. 70 bis Art. 74 UZK);

  2. alternative Methoden

    • Transaktionswert gleicher Waren (Art. 74 Abs. 2 Buchst. a UZK),
    • Transaktionswert ähnlicher Waren (Art. 74 Abs. 2 Buchst. b UZK),
    • deduktive Zollwertermittlung (Art. 74 Abs. 2 Buchst. c UZK),
    • additive Zollwertermittlung (Art. 74 Abs. 2 Buchst. d UZK);
  3. Schlussmethode

    zweckmäßige Ermittlungsmethode (Art. 74 Abs. 3 UZK).

 

Rz. 55

Lediglich zwischen der deduktiven und der additiven Zollwertermittlung besteht ein Wahlrecht, das nur vom Einführer, nicht aber von der Zollverwaltung ausgeübt werden kann. Hierin kommt der Grundsatz zum Ausdruck, den Ermessensspielraum der Verwaltung einzuschränken und dem Importeur Optionen zu eröffnen. Damit wird die Zollbelastung für den Einführer sicherer und berechenbarer. Er ist in der Lage, durch Vertragsgestaltung die Art der Bewertungsmethode zu bestimmen, Transaktionswerte gleicher oder ähnlicher Waren zu benennen, einen niedrigen Weiterverkaufspreis zur Bemessungsgrundlage zu machen oder den errechneten Zollwert anzubieten. Die Bewertungsmethoden stehen nicht gleichwertig und beliebig zur Auswahl, sondern dürfen grundsätzlich nur nacheinander in einer strengen Reihenfolge angewendet werden. Nur wenn die vorangegangene Methode ausscheidet, darf die folgende Methode geprüft werden (Art. 74 Abs. 1 UZK). Das Vorliegen der Voraussetzungen einer vorausgehenden Bewertungsmethode schließt die Anwendung der nachfolgenden Methoden zwingend aus.

Dagegen steht der Zollverwaltung i. d. R. nur die Bewertung nach der zweckmäßigen Methode zur Verfügung, wenn die Zollwertermittlung nach dem Transaktionswert ausscheidet, gleiche oder ähnliche Einfuhren des Importeurs nicht zur Verfügung stehen und die Angaben des Zollwertanmelders nicht nachprüfbar sind (z. B. wegen Buchführung im Ausland).

[1] Schwarz, in Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, Teil E Rz. 128.
[2] So aber z. B. DV EUSt Abs. 27.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge