Rz. 38
Die Vereinnahmung kann in jeder Form geschehen, die dem Abtretungsempfänger den Forderungsbetrag oder einen Teil desselben zukommen lässt. Das kann insbesondere auch dadurch geschehen, dass der Abtretende aufgrund einer Vereinbarung mit dem neuen Gläubiger oder im Fall der stillen Abtretung die Forderung einzieht und an den neuen Gläubiger weiterleitet oder auf ein Konto bringt, über das der Abtretungsempfänger verfügen kann. Das soll nach der Verwaltungsauffassung auch im Fall der Sicherungsabtretung gelten, wenn die Forderung durch den leistenden Unternehmer und Abtretenden selbst eingezogen und der Geldbetrag an den Abtretungsempfänger weitergeleitet wird.
Von der Vereinnahmung durch den Abtretungsempfänger (Zessionar) ist auszugehen, wenn der Abtretende (Zedent) über sein beim Zessionar debitorisch geführtes Konto, auf dem die abgetretenen Beträge vereinnahmt werden, nicht mehr frei verfügen kann, da eine erhebliche Überschreitung der vereinbarten Kreditlinie vorliegt und der Zessionar Belastungsbuchungen regelmäßig nicht durchführt.
Auch andere Formen der Vereinnahmung sind denkbar, z. B. wenn der Abtretungsempfänger mit der Forderung gegen den Drittgläubiger gegen eine Verbindlichkeit diesem gegenüber aufrechnet. Bei Mehrfachabtretungen, bei denen zunächst nur die erste Abtretung wirksam ist, bedeutet dagegen die Hinterlegung des Abtretungsbetrages durch den Drittschuldner beim Amtsgericht noch keine Vereinnahmung durch einen der Abtretungsempfänger. Diese kann dann eine Vereinnahmung durch einen Abtretungsempfänger sein, wenn dieser als solcher rechtskräftig festgestellt worden ist. Keine Vereinnahmung ist gegeben, wenn das Amtsgericht vor der rechtskräftigen Feststellung die in der Forderung enthaltene USt an das FA überweist.
Rz. 39
In den Fällen des Forderungsverkaufs (vgl. zu diesen Rz. 13) ist eine Vereinnahmung durch den Abtretungsempfänger insoweit nicht anzunehmen, als der Abtretende (leistende Unternehmer) als Gegenleistung für die Abtretung der Forderung einen Geldbetrag erhält.
Die Haftung des Abtretungsempfängers (Factors) nach § 13c UStG ist nach Ansicht des BFH jedoch von dieser Verwaltungsansicht abweichend nicht ausgeschlossen, wenn er dem Unternehmer, der ihm die USt enthaltende Forderung abgetreten hat, im Rahmen des sog. echten Factoring liquide Mittel zur Verfügung gestellt hat, aus denen dieser seine Umsatzsteuerschuld hätte begleichen können.
Rz. 40
Im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abtretungsempfängers steht die Vereinnahmung und Verwertung durch den Insolvenzverwalter derjenigen durch den Abtretungsempfänger gleich. Wird über das Vermögen des Abtretenden das Insolvenzverfahren eröffnet und zieht der Insolvenzverwalter an der Stelle des Abtretungsempfängers die abgetretene Forderung ein und verwertet sie, ist für den eingezogenen Betrag abzüglich der Feststellungs- und Verwertungskosten aufgrund seines Absonderungsrechts eine Vereinnahmung durch den Abtretungsempfänger zu sehen. Die Eintragung eines Umsatzsteueranspruchs in die Insolvenztabelle nach § 178 Abs. 3 InsO bewirkt auch unter Berücksichtigung von § 41 Abs. 1 InsO keine Fälligkeit zulasten des Zessionars.
Rz. 40a
Zahlt der Abtretungsempfänger den vereinnahmten Betrag an den Abtretenden aus, entfällt für den Zessionar die Vereinnahmung und damit auch die Haftung. Entsprechendes gilt, wenn der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren gegen den Abtretenden die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens getätigte Abtretung anficht und der Abtretungsempfänger den vereinnahmten Forderungsbetrag an den Insolvenzverwalter weiterleitet.
Rz. 41
Vereinnahmt der Abtretungsempfänger nur einen Teil der abgetretenen Forderung, erfasst die Haftung nur die in diesem Teil enthaltene USt (§ 13c Abs. 1 S. 1 UStG). Die anteilig in diesem Teilbetrag steckende USt, die mit 19/119 oder 7/107 aus dem vereinnahmten Betrag herauszurechnen ist, unterliegt der Haftung. Eine Vereinbarung, derzufolge die USt als letzter Teilbetrag gezahlt werden soll, kann die anteilige Haftung nach den vereinnahmten Teilbeträgen nicht ändern.
Rz. 42
Ist der Umsatz teilweise steuerpflichtig und teilweise steuerfrei (z. B. die Vermietung von Räumen unter Option nach § 9 UStG an einen Rechtsanwalt, der in einigen Räumen seine Kanzlei betreibt und in den anderen Räumen wohnt), ist wie beim Vorhandensein von 2 Umsätzen vorzugehen. Der auf den steuerfreien Umsatzteil entfallende Teil der abgetretenen Forderung unterliegt nicht § 13c UStG, da dieser nicht Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz ist. Dagegen trifft die Haftung den Abtretungsempfänger bei Vereinnahmung des auf die Kanzleiräume entfallenden Teils der Miete.