Rz. 73
Die Erteilung einer USt-IdNr. stellt nach der überwiegenden und m. E. richtigen Auffassung in der Literatur einen Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO dar; Gleiches gilt für eine Ablehnung der Erteilung. Jeder Unternehmer kann dabei nur eine einzige deutsche USt-IdNr. erhalten, er kann allerdings eine weitere USt-IdNr. in einem anderen Mitgliedstaat zugeteilt bekommen, sofern auch in diesem Staat die Voraussetzungen dafür vorliegen. Bei der Erteilung einer USt-IdNr. handelt es sich um einen – im Steuerrecht seltenen – Fall eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung. Die USt-IdNr. gilt bis zu ihrer Aufhebung oder dem Tod des jeweiligen Inhabers, sie ist unmittelbar an diesen Inhaber gebunden und hat deshalb höchstpersönlichen Charakter. Eine USt-IdNr. einer natürlichen Person kann daher folgerichtig nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen Erben übergehen. Aufgehoben werden kann die USt-IdNr. ansonsten nur auf einen Antrag des Inhabers hin oder bei einem offensichtlichen Missbrauch (Rz. 111). In beiden Fällen gilt dieses Erlöschen aber nur mit Wirkung für die Zukunft.
Rz. 74
Aus diesem Grund erlischt eine USt-IdNr. auch nicht automatisch bei dem späteren Wegfall der Erteilungsvoraussetzungen, was in der Praxis häufig übersehen wird. Hier ist der Meinung Kraeusels beizupflichten, dass gegen ein automatisches Erlöschen schon die Funktion der USt-IdNr. unter Vertrauensgesichtspunkten im Bestätigungsverfahren (§ 18e UStG) spricht. Die automatische Fiktion des Erlöschens hätte u. U. zur Folge, dass das BZSt in solchen Einzelfällen unwirksame USt-IdNrn. als wirksam bestätigen würde. Die Aufhebung des Verwaltungsakts der Erteilung der USt-IdNr. ist daher nur unter den Voraussetzungen der §§ 130–132 AO möglich; es bedarf einer formalen Löschung durch das BZSt. Solange eine solche Aufhebung nicht erfolgt ist, gilt eine USt-IdNr. als wirksam, wenn man einmal von dem oben genannten Fall des Todes eines Inhabers absieht (Rz. 73). Selbst hier wird man aber einem gutgläubigen anderen Unternehmer im Rahmen einer erfolgreich durchgeführten Bestätigungsanfrage nach § 18e UStG nicht ohne weitere Anhaltspunkte den Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG absprechen können. Solange das BZSt die Wirksamkeit bestätigt, wird das nur möglich sein, wenn dieser Unternehmer nachweisbar weitere Kenntnisse über eine eventuelle Unwirksamkeit der USt-IdNr. hatte.
Rz. 75
Insbesondere im Rahmen der Diskussion zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs wurde die Frage relevant, inwieweit die Finanzbehörde die Erteilung einer Steuernummer und/oder damit auch gezielt die Erteilung einer USt-IdNr. versagen darf, vor allem in dem Fall, wenn der Antragsteller nach den üblichen Kriterien als Unternehmer i. S. d. § 2 UStG zu qualifizieren wäre. Hintergrund dieser Bestrebungen der Finanzbehörden war insbesondere der (durchaus praxisrelevante) Sachverhalt, dass an einen betrügerisch gesinnten Unternehmer mit USt-IdNr. innergemeinschaftliche Lieferungen in Millionenhöhe erbracht werden können, ohne dass dieser den innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt und die aus einer steuerpflichtigen inländischen Weiterlieferung geschuldete USt an die Finanzbehörden bezahlt. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit der Verhinderung solcher Machenschaften ist die Versagung der Zuteilung einer Steuernummer und der USt-IdNr. für die Bekämpfung solcher Betrugshandlungen allerdings nur in Ausnahmefällen das richtige Mittel, schon weil das vom Unionsrecht so nicht vorgesehen ist. I. d. S. sieht es auch die Rechtsprechung vor allem in Bezug auf die Steuernummer: Beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 27a UStG besteht somit grds kein Ermessen des BZSt, die Erteilung einer USt-IdNr. abzulehnen, denn der Unternehmer hat darauf einen Anspruch (Rz. 40ff.); genauso wenig kann die Finanzbehörde die Erteilung einer Steuernummer versagen (Rz. 76). Möglich erscheint die Zulässigkeit solcher Maßnahmen allenfalls dann, wenn es sich um einen eindeutigen Missbrauchsfall handeln sollte; so sieht es auch der EuGH im Fall der Versagung der Erteilung der USt-IdNr. M. E. stellt dies aber eher einen akademischen Fall dar, denn eindeutige Missbrauchsfälle wird es in dem Stadium der Antragstellung auf Erteilung einer USt-IdNr. in der Praxis kaum geben, schon weil dieser "Unternehmer" sofort unter der Beobachtung der Finanzbehörde stehen würde und damit kaum ungestört tätig sein könnte; in der Praxis besteht vielmehr zumeist nur die Vermutung eines Missbrauchs. Tatsächlich kann man wohl allenfalls von einem solchen "eindeutigen Missbrauchsfall" ausgehen, wenn von dem gemeldeten Unternehmenssitz keinerlei wirtschaftliche Aktivitäten ausgehen, das muss aber erst einmal im Einzelfall konkret festgestellt werden und wirkliche Betrüger werden natürlich diese Kriterien vollständig erfüllen. I.E. ist deshalb festzuhalten, dass die Versagung der Erteilung einer USt-IdNr. nur in Ausnahmefällen dazu geeignet ist, Betrugsfälle wirksam zu verhindern...