1 Allgemeines
Rz. 1
§ 4 Nr. 2 UStG bestimmt, dass die Umsätze für die Seeschifffahrt und die Luftfahrt (§ 8 UStG) steuerfrei sind. Die Vorschrift beschränkt sich auf diese Feststellung. Die Definition der Umsätze für die Seeschifffahrt und für die Luftfahrt ergibt sich aus § 8 UStG. In dieser Vorschrift wird auf § 4 Nr. 2 UStG Bezug genommen. Umgekehrt enthält § 4 Nr. 2 UStG den gesetzlichen Verweis auf § 8 UStG.
Rz. 2
Durch § 4 Nr. 2 UStG (i. V. m. § 8 UStG) wird eine Vorstufenbefreiung zugunsten der Erwerbsseeschifffahrt und des internationalen entgeltlichen Luftverkehrs herbeigeführt. Diese hat den Zweck, die Bezüge der Erwerbsschifffahrt und der internationalen Luftfahrt von der USt zu entlasten und so die laufende Erstattung hoher Vorsteuerbeträge an diese Unternehmer zu vermeiden. Das bedeutet für die begünstigten Unternehmer Verwaltungs- und Arbeitsvereinfachung sowie i. d. R. Finanzvorteile und damit ein Anreiz, im Inland Lieferungen zu bestellen und sonstige Leistungen in Auftrag zu geben. Zugleich wird durch die Steuerbefreiung die Wettbewerbsfähigkeit der im Inland ansässigen Schiffs- und Flugzeugwerften, der Zulieferindustrie sowie der Ausrüster, Wartungs- und Instandsetzungsbetriebe gefördert.
Rz. 3
Die Freistellung der Lieferungen usw. von Seenotrettungsschiffen sowie weiterer Umsätze, die der Ausrüstung oder der Versorgung dieser Schiffe dienen oder für den Bedarf dieser Schiffe bestimmt sind (§ 4 Nr. 2 UStG, § 8 Abs. 1 UStG), trägt dem Umstand Rechnung, dass die Schiffe überwiegend zur Rettung Schiffbrüchiger im Ausland eingesetzt werden. Durch die Befreiung bestimmter Lieferungen zur Versorgung von Kriegsschiffen (§ 4 Nr. 2 UStG, § 8 Abs. 1 Nr. 4 UStG) werden die Versorgungen in deutschen Häfen den Versorgungen in anderen Häfen gleichgestellt. Zu den Einzelheiten des Zwecks der Steuerbefreiung vergleiche im Einzelnen die Kommentierung zu § 8 UStG.
Rz. 4
Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 2 UStG i. V. m. § 8 UStG hängt nicht davon ab, dass die Umsätze unmittelbar an Unternehmer der Seeschifffahrt oder der Luftfahrt oder an die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger bewirkt werden. Sie kann sich auch auf Umsätze auf den vorhergehenden Stufen (z. B. auf Lieferungen von Seeschiffen und Flugzeugen an Zwischenhändler im Reihengeschäft) erstrecken.
2 Unionsrecht
Rz. 5
Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 2 UStG beruht auf Art. 148 MwStSystRL. Nach der EuGH-Rechtsprechung kann sich die Steuerbefreiung nicht auf Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen erstrecken, die auf einer vorhergehenden Handelsstufe bewirkt werden. Die Lagerung der Gegenstände nach ihrer Lieferung und vor dem tatsächlichen Versorgungsvorgang führt nicht zum Verlust der Steuerbefreiung. Gleiches gilt für Dienstleistungen. Die Befreiung gilt nur für Dienstleistungen, die dem Reeder unmittelbar erbracht werden. Sie gilt somit nicht für Leistungen auf einer vorausgehenden Stufe.
Nach Art. 148 Buchst. d MwStSystRL können nicht nur Dienstleistungen im Bereich des Beladens und Entladens eines Schiffes i. S. v. Art. 148 Buchst. a MwStSystRL steuerfrei sein , die auf der letzten Handelsstufe einer solchen Dienstleistung erbracht werden, sondern auch auf einer vorausgehenden Handelsstufe erbrachte Dienstleistungen, wie etwa eine von einem Unterauftragnehmer an einen Auftraggeber, die dieser dann einem Speditions- oder Transportunternehmen weiter berechnet.
Die Verwaltung hat diese Rechtsprechung übernommen.
Allerdings soll die Vermietung von Maschinen an einen Unternehmer, der damit steuerfrei Seeschiffe löscht, nicht nach § 4 Nr. 2, § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerfrei sein, wenn mit den Maschinen auch andere Arbeiten ausgeführt werden können.
Rz. 6
Nach Art. 148 Buchst. c MwStSystRL sind u. a. Vercharterungen und Vermietungen von Seeschiffen, die auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr, zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt steuerbefreit. Diese Steuerbefreiung macht keinen Unterschied zwischen der Vollvercharterung und einer Teilvercharterung von Seeschiffen. Die Vorschrift beschränkt sich darauf, die Vercharterung von auf hoher See eingesetzten Schiffen als einen der Fälle der Steuerbefreiung zu bezeichnen, ohne festzulegen, ob es sich dabei um Voll- oder Teilvercharterung handelt. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Mieter eines Schiffes das Schiff zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet. Wird das Schiff an Personen vermietet, die es außerhalb jeglicher wirtschaftlicher Tätigkeit ausschließlich zu Vergnügungs- und nicht zu Gewinnzwecken nutzen, erfüllt die Vermietungsleistung nicht die Voraussetzungen der Steuerbefreiung. Zu Offshore-Bohreinheiten hat der EuGH entschieden, dass de...