0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) hat in Abs. 4 Satz. 2 die Wörter "Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen" durch die Wörter "Gemeinsamer Bundesausschuss" ersetzt. Dabei handelt es sich um eine Folgeänderung zu § 91. Der Gemeinsame Bundesausschuss ersetzt die bisherigen Normsetzungsgremien und trifft alle versorgungsrelevanten Entscheidungen, die bisher diesen Ausschüssen oblagen. Ferner wurde durch das GMG der Abs. 5 angefügt. Die Änderungen traten zum 1.1.2004 in Kraft.
Rz. 1a
Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz – KFRG) v. 3.4.2013 (BGBl. I S. 617) hat Abs. 2 und 4 mit Wirkung zum 9.4.2013 geändert. Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krebserkrankungen haben nunmehr nach Abs. 2 alle Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Differenzierung zwischen Frauen und Männern und die Voraussetzung eines bestimmten Lebensalters sind entfallen. Nach Abs. 4 Satz 3 und 4 bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss für die Untersuchungen nach Abs. 2 die Zielgruppen, Altersgrenzen und die Häufigkeit der Untersuchungen. Für die Untersuchungen nach Abs. 1 kann er für geeignete Gruppen von Versicherten eine abweichende Altersgrenze und Häufigkeit der Untersuchungen festlegen.
Die Änderungen sind im Zusammenhang mit der Einfügung von § 25a in das SGB V zu sehen, durch den ein organisiertes Krebsfrüherkennungsprogramm i. S. der Europäischen Leitlinien in das Gesetz implementiert wird. Ferner werden mit dem neuen § 65c – klinische Krebsregister – erstmals bundesweit verlässliche finanzielle und rechtliche Rahmenbedingungen für die flächendeckende Einrichtung und den Betrieb klinischer Krebsregister geschaffen. Diese stellen eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherung der Qualität und die Weiterentwicklung der onkologischen Versorgung dar.
Rz. 1b
Abs. 1 und Abs. 3 sind durch Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) v. 17.7.2015 (BGBl. I S. 1368) neu gefasst worden; ferner ist Abs. 4 Satz 3 geändert, Satz 4 neu gefasst und danach die Sätze 5 und 6 angefügt worden. Die ärztliche Gesundheitsuntersuchung beinhaltet nunmehr neben der Früherkennung auch ausdrücklich primärpräventive Maßnahmen. Die Änderungen sind am 25.7.2015 in Kraft getreten.
Rz. 1c
Art. 30 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen v. 27.6.2017 (BGBl. I S. 1966) hat gemäß Art. 32 Nr. 1 mit Wirkung zum 31.12.2018 Abs. 4a eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) geschaffene Vorschrift knüpft an die früheren Regelungen in § 181 Abs. 1 Nr. 2, 3, Abs. 2 und § 181a RVO an, übernimmt diese Maßnahmen und erweitert sie um Gesundheitsuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung von Herz-, Kreislauf-, Nieren- und Zuckerkrankheiten für Versicherte ab dem 35. Lebensjahr.
Als potentielle Vorteile von Früherkennungsuntersuchungen gelten:
- verbesserte Prognose bei früh entdeckter Zielkrankheit,
- schonendere Behandlung für einige Personen mit früh entdeckter Zielkrankheit,
- Kostenvorteile bei der Behandlung der früh entdeckten Zielkrankheit,
- in manchen Fällen (bei Screening auf Risikofaktoren) Verhinderung der Zielkrankheit.
- Die Änderung der Norm durch das Präventionsgesetz (vgl. Rz. 1b) trägt nunmehr dem Umstand Rechnung, dass neben der Früherkennung ausdrücklich auch primärpräventive Maßnahmen für die Gesundheit der Versicherten von maßgeblicher Bedeutung sind (vgl. BT-Drs. 18/4282 S. 40 f.).
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Der Anspruch auf Früherkennung von Krankheiten setzt weder eine konkrete Erkrankung noch einen Krankheitsverdacht voraus. Von den Maßnahmen zur Krankheitsverhütung nach §§ 20, 21 ff. unterscheiden sich die Leistungen insofern, als hier die Diagnose im Vordergrund steht, an die sich im Bedarfsfall die Behandlung anschließt. Der Anspruch erstreckt sich auf alle Krankheiten, die in Abs. 1 genannten Volkskrankheiten sind lediglich beispielhaft ("insbesondere") erwähnt. Die Gesundheitsuntersuchung wird nach § 85 Abs. 2 durch eine Pauschale vergütet. Mit dieser Vergütung ist auch zugleich die ärztliche Beratung abgegolten, die im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung erwartet wird.
Rz. 3a
Die (derzeit noch) aktuelle Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten (Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinien) i. d. F. v. 24.8.1989, zuletzt geändert am 16.12.2010 berücksichtigten bislang schon, zur Früherkennung der Krankheiten die jeweils relevanten Risikofaktoren einzubeziehen und Änderungen gesundheitsschädigender Verhaltensweisen frühzeitig zu bewirken. Ausdrücklich hat der Gesetzgeber mit dem Präventionsgesetz die Relevanz primärpräventiver Maßnahmen betont und eine präventionsorientierte Beratung ebenso wie...