a) Steuertatbestand
Rz. 250
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG wird der Übergang von Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung besteuert. Damit ist eine Stiftung gemeint, die auf einer letztwilligen Verfügung des Erblassers beruht.
Eine letztwillige Zuwendung an eine bereits vor dem Tod des Stifters errichtete Stiftung durch Erbeinsetzung oder Vermächtnis wird hingegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG besteuert. Denn in diesem Fall hat der Erblasser eine Zuwendung an eine (bereits bestehende) Stiftung angeordnet, aber nicht die Errichtung der Stiftung selbst.
Ist Rechtsgrund für den Vermögenserwerb einer Stiftung ein Stiftungsgeschäft unter Lebenden, findet § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG Anwendung.
b) Begriff der Stiftung
Rz. 251
§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG spricht allgemein von Stiftung. Nach dem Wortlaut wäre jede Stiftung erfasst, demnach auch eine unselbständige Stiftung. Gleichwohl geht die h.M. davon aus, dass mit dem Begriff der Stiftung im ErbStG nur die rechtsfähige Stiftung gemeint ist. Dies ergebe sich aus § 9 Abs. 1 Buchst. c) ErbStG, der auf die Anerkennung als rechtsfähig abstellt. Die Bildung einer nicht rechtsfähigen Stiftung soll als Zweckzuwendung nach § 8 ErbStG besteuert werden.
Rz. 252
Folgt man der h.M., ist es zwar für die Steuerbarkeit als solcher unerheblich, ob man die unselbständige Stiftung unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG oder unter § 8 ErbStG subsumiert. Wohl aber können sich Auswirkungen auf die Steuerklasse ergeben, da für Zweckzuwendungen einheitlich die Steuerklasse III gilt (§ 15 Abs. 1 ErbStG) und eine andere Steuerklasse nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nur in Betracht kommt, wenn ein Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG vorliegt.
Rz. 253
Auch der Erwerb einer Familienstiftung wird nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG besteuert, wenn dieser auf einer Verfügung von Todes wegen beruht. Allerdings gelten für den Erwerb einer inländischen Familienstiftung die Vergünstigungen nach § 15 Abs. 2 ErbStG.
Rz. 254
Nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG ist es unerheblich, ob die "Stiftung" nach inländischem oder ausländischem Recht (z.B. in Österreich, Liechtenstein, Schweiz) errichtet wurde. Für die Beantwortung der Frage, ob ausländische (rechtsfähige) Stiftungen als "Stiftung" i.S. des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG anzusehen sind, ist auf das deutsche Recht abzustellen.
Rz. 255
Einstweilen frei.