a) Aufschiebende Bedingung
Rz. 40
Das Gesetz unterscheidet in § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG zwischen dem aufschiebend bedingten Erwerb, der unter einer aufschiebenden Bedingung steht, und dem unbedingten Erwerb eines aufschiebend bedingten Anspruchs. Für beide Varianten ordnet es eine übereinstimmende Rechtsfolge an: Die Steuer entsteht nicht schon mit dem Erbfall, sondern erst mit dem Eintritt der Bedingung.
Rz. 41
Einen aufschiebend bedingten Erwerb gibt es bei der Erbfolge nur für den Nacherben. Ein Vollerbe und ein Vorerbe können nicht aufschiebend bedingt eingesetzt werden. Eine Erbeinsetzung unter einer aufschiebenden Bedingung wird zivilrechtlich als konstruktive Vor- und Nacherbfolge behandelt. Vorerbe ist der gesetzliche Erbe, der aufschiebend bedingt eingesetzte Erbe ist Nacherbe.
Rz. 42
Bei einem Vermächtnis (§ 2177 BGB) oder einem Schenkungsversprechen von Todes wegen (§ 2301 BGB) ist eine aufschiebende Bedingung ohne weiteres zulässig. Hier können auch zwei aufschiebende Bedingungen zusammentreffen, indem der Erblasser einen zum Nachlass gehörenden Anspruch, den er aufschiebend bedingt erworben hat, dem Bedachten aufschiebend bedingt zuwendet.
Rz. 43
Anspruch meint den Anspruch i.S.d. § 194 BGB, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Eine Forderung (§ 241 Abs. 1 BGB) ist ein Anspruch, der seinen Entstehungsgrund in einem Schuldverhältnis hat.
Rz. 44
Der aufschiebend bedingte Erwerb anderer Wirtschaftsgüter als der Ansprüche ist im ErbStG nicht geregelt. Der gebotene Gleichlauf lässt sich über eine Analogie zu § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder zu § 4 BewG erreichen. Danach wird das Wirtschaftsgut erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist.
Rz. 45– 46
Einstweilen frei.
b) Auflösende Bedingung
Rz. 47
Der auflösend bedingte Erwerb eines Bedachten ist im ErbStG nicht geregelt, der auflösend bedingte Erwerb eines Anspruchs oder eines anderen Wirtschaftsguts auch nicht.
Rz. 48
Soweit es um den Erwerb eines Anspruchs oder eines Wirtschaftsguts geht, gilt § 5 BewG, auch wenn das ErbStG für die Steuerentstehung – anders als in § 12 Abs. 1 ErbStG für die Bewertung – nicht ausdrücklich auf die allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG verweist. Demzufolge wird der Erwerb des Anspruchs oder des anderen Wirtschaftsguts zunächst als unbedingter Erwerb behandelt (§ 5 Abs. 1 BewG). Tritt die Bedingung ein, wird die Festsetzung der Erbschaftsteuer auf Antrag nach dem tatsächlichen Erwerb berichtigt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BewG).
Rz. 49
Der auflösend bedingte Erwerb des Bedachten wird in analoger Anwendung des § 5 BewG besteuert, soweit nicht § 29 ErbStG eingreift.
Rz. 50
Eine auflösend bedingte und eine aufschiebend bedingte Erbeinsetzung treffen zusammen, wenn Eheleute sich in einem gemeinschaftlichen Testament oder einem Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und außerdem bestimmen, dass jeder von den gemeinsamen Kindern beerbt wird, wenn sie gleichzeitig aufgrund desselben Ereignisses versterben, z.B. eines Unfalls.
Rz. 51– 52
Einstweilen frei.
c) Bedingung
Rz. 53
Gemeint ist eine Bedingung i.S. des BGB, also ein künftiges ungewisses Ereignis, von dem der Erwerb abhängt. Es kann sich dabei auch um ein Ereignis handeln, dessen Eintritt in den Willen des Erwerbers oder eines anderen gestellt ist (Potestativbedingung). Anders als einer Ausschlagung (§ 1953 Abs. 1 und 2 BGB) oder einer Anfechtung (§ 142 BGB) kommt dem Eintritt der Bedingung keine Rückwirkung zu. Der Erwerb vollendet sich daher nicht rückwirkend auf den Erbfall, sondern erst in dem Zeitpunkt, in dem die Bedingung eintritt. Erst dann ist der Steuertatbestand erfüllt.
Rz. 54
Einstweilen frei.
d) Befristung
Rz. 55
Damit ist die Zeitbestimmung des § 162 BGB gemeint, also die Bestimmung eines Anfangstermins oder eines Endtermins. Sie unterscheidet sich von der Bedingung darin, dass der Eintritt des Termins sicher ist, ungewiss ist nur der Zeitpunkt, zu dem der Eintritt sich ereignet. Da auch in diesem Fall eine Ungewissheit besteht, gelten die Vorschriften über die Bedingung entsprechend. Der Anfangstermin wird daher gleich einer aufschiebenden Bedingung behandelt, der Endtermin gleich einer auflösenden Bedingung.
Rz. 56
Einstweilen frei.
e) Betagung
Rz. 57
Mit Betagung ist nicht die Betagung i.S. des § 813 Abs. 2 BGB gemeint, also die hinausgeschobene Fälligkeit eines Anspruchs. Dieser Umstand kann bei Kapitalforderungen berücksichtigt werden, indem die Forderung abgezinst wird (§ 12 BewG). Auch bei Sachleistungsansprüchen, die mit dem gemeinen Wert des § 9 BewG bewertet werden, ist die hinausgeschobene Fälligkeit ein wertmindernder Faktor. Auf Sachleistungsansprüche, für die ein eigener steuerlicher Wert gilt, wirkt sich die hinausgeschobene Fälligkeit nicht aus, weshalb sie mit ihrem Steu...