Rz. 106

[Autor/Stand] Die gewöhnliche Lebensdauer eines Gebäudes (vgl. Rz. 21–24) kann auch durch Baumängel (zum Begriff vgl. § 82 BewG Rz. 136) oder Bauschäden (zum Begriff vgl. § 82 BewG Rz. 136) verkürzt sein. Die Berücksichtigungsfähigkeit derartiger Mängel im Zusammenhang mit der altersbedingten Wertminderung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 87 Satz 1 BewG, wonach für bauliche Mängel und Schäden ein Abschlag nur dann gemacht werden darf, wenn sie bei der Wertminderung wegen Alters nicht berücksichtigt worden sind.[2] Für die Berücksichtigung derartiger Umstände im Rahmen der Wertminderung gem. § 86 BewG müssen aber Mängel bzw. Schäden bestehen, die die Lebensdauer des Gebäudes auch tatsächlich beeinträchtigen (für das Ertragswertverfahren vgl. hierzu § 80 BewG Rz. 30 ff.). Daher ist erforderlich, dass es sich um nicht behebbare oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten zu beseitigende erhebliche Baumängel oder Bauschäden handelt. Allerdings trifft das Bewertungsgesetz keine Regelung darüber, in welcher Weise beim Sachwertverfahren bezüglich der Berechnung der altersbedingten Wertminderung in diesem Zusammenhang zu verfahren ist (vgl. dazu nachfolgend Rz. 109 f.).

 

Rz. 107

[Autor/Stand] Eine Verkürzung der Lebensdauer eines Gebäudes kann auch auf anderen Ursachen als dem baulichen Zustand beruhen, z.B. auf einer vertraglichen Abbruchverpflichtung. Solche wertmindernden Umstände, die nicht eine Folge des Verschleißens und Alterns des Gebäudes sind, werden nicht im Rahmen der Wertminderung wegen Alters gem. § 86 BewG berücksichtigt. Für derartige wertmindernde Umstände kommen jedoch die Ermäßigungen gem. §§ 88, 92 und 94 BewG in Betracht (vgl. dazu § 88 BewG Rz. 171 ff.).

 

Rz. 108

[Autor/Stand] Baumängel und Bauschäden, die sich nach den vorstehenden Ausführungen bei der Berechnung der Wertminderung wegen Alters gem. § 86 BewG nicht auswirken können, treten bei den folgenden Konstellationen auf:

  • Behebbare Baumängel und Bauschäden.
  • Ein Gebäude hat sowohl bei Zugrundelegung der gewöhnlichen als auch bei der durch Mängel und Schäden verkürzten Lebensdauer im Hauptfeststellungszeitpunkt ein Alter von 70 % der Lebensdauer oder mehr erreicht. Ist die Wertminderung nicht außergewöhnlich i.S. von § 86 Abs. 3 BewG (vgl. unten Rz. 171 ff.), bleibt die Alterswertminderung unverändert auf 70 % begrenzt.
  • Ein erst nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt errichtetes Gebäude weist einen nicht behebbaren Baumangel oder Bauschaden auf.
 

Rz. 109

[Autor/Stand] Zur Errechnung der Wertminderung wegen Alters ist in den Fällen der erheblichen Baumängel und Bauschäden die voraussichtliche tatsächliche Lebensdauer von Gebäuden mit derartigen Baumängeln oder Bauschäden zugrunde zu legen.[6] Bei der Wertminderung wird die Gesamtlebensdauer des Gebäudes, nach der sich die jährliche Wertminderung berechnet, dadurch ermittelt, dass das tatsächliche Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde gelegt und diesem Alter die voraussichtliche Restlebensdauer hinzugerechnet werden. Es wird somit nach dieser so neu ermittelten Gesamtlebensdauer der jährliche Wertminderungssatz berechnet. Auf der Grundlage dieses Prozentsatzes wird anschließend die sich nach dem tatsächlichen Lebensalter ergebende gesamte abzusetzende Wertminderung ermittelt.[7]

 

Beispiel

Ein Gebäude mit einer gewöhnlichen Lebensdauer von 100 Jahren und einem Alter im Hauptfeststellungszeitpunkt von 40 Jahren hat einen nicht behebbaren Bauschaden, der die Lebensdauer des Gebäudes wesentlich verkürzt. Die voraussichtliche Restlebensdauer im Hauptfeststellungszeitpunkt beträgt nur noch 20 Jahre.

Voraussichtliche Lebensdauer im Hauptfeststellungszeitpunkt:

40 (Alter) + 20 (voraussichtlich Restlebensdauer) = 60 Jahre.

Die jährliche Wertminderung beträgt demnach 1,67 % (100/60).

Die Gesamtwertminderung im Hauptfeststellungszeitpunkt (Prozentsatz) beträgt mithin 40 × 1,67 % = 66,8 % (gerundet 67,0 %)

 

Rz. 110

[Autor/Stand] In welchem Umfang die voraussichtliche Restlebensdauer infolge nicht behebbarer Baumängel oder Bauschäden verkürzt wird, lässt sich nicht typisiert behandeln. Vielmehr hängt dies von den Verhältnissen des Einzelfalles ab.

 

Rz. 111– 120

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[7] A.A. Halaczinsky in Rössler/Troll, § 86 BewG Rz. 23.
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.11.2023

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?