Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 9
§ 58 BewG weicht deutlich von den Regelungen des § 38 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BewG ab. Nach den dortigen Vorschriften über die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sind beim Vergleich der Ertragsbedingungen hinsichtlich der inneren Verkehrslage die tatsächlichen Verhältnisse des Betriebs zugrunde zu legen. Dies gilt bei der weinbaulichen Nutzung nicht.
Rz. 10
Die innere Verkehrslage wird allgemein von drei Komponenten bestimmt. Sie findet ihren Ausdruck grundsätzlich in der Zahl, Größe, Form und Lage der einzelnen zur Nutzung gehörenden Trennstücke, außerdem in der Entfernung von der Hofstelle zu den Trennstücken und schließlich in Steigungen und Besonderheiten der Wege sowie in der Anlage des Hofes. Die Bewirtschaftung einer Nutzung ist umso einfacher und damit kostensparender, je weniger Trennstücke vorhanden sind, je günstiger die Form der Trennstücke ist und je geringer die Entfernung von den einzelnen Trennstücken zur Hofstelle ist (vgl. zu den Einzelheiten die Kommentierung zu § 38 BewG). Bei der inneren Verkehrslage handelt es sich somit stets um eine objektive, d.h. dem Betrieb als solchen anhaftende wirtschaftliche Ertragsbedingung mit der Folge, dass die der Betriebsführung zugrundeliegenden persönlichen Motive des jeweiligen Betriebsinhabers keine Auswirkungen auf einen dem Grunde nach zu gewährenden Bewertungsabschlags haben können.
Rz. 11
Abweichend von dieser Vorschrift bestimmt § 58 BewG für die weinbauliche Nutzung, dass hinsichtlich der inneren Verkehrslage bei weinbaulicher Nutzung nicht die Verhältnisse des einzelnen Weinbau betreibenden Betriebes, sondern die in der Weinbaulage anzutreffenden regelmäßigen Verhältnisse zugrunde zu legen sind. Dadurch tritt die genaue Situation des einzelnen weinanbauenden Betriebes deutlich in den Hintergrund.
Rz. 12
Der Grund dafür ist darin zu sehen, dass an einer Weinbaulage in der Regel mehrere Betriebe beteiligt sind, so dass die innere Verkehrslage bei jedem einzelnen Betrieb verschieden sein kann. In vielen Fällen lässt sich eine einheitliche "Hoflage", also die Entfernung der Weinbaulage vom Wirtschaftshof, nur schwer oder überhaupt nicht feststellen. In der Örtlichkeit sind die beteiligten Hofstellen in der Regel verschieden weit von der Weinbaulage entfernt. Es ist daher sachgerecht, beim Vergleich der Ertragsbedingungen von weinbauenden Betrieben bezüglich der inneren Verkehrslage nicht die tatsächlichen Verhältnisse des einzelnen Betriebes, sondern die in der Weinbaulage regelmäßig anzutreffende Verhältnisse zugrunde zu legen.
Rz. 13
Aus dieser Regelung folgt, dass bei der Bewertung der weinbaulichen Nutzung in den Fällen, in denen hinsichtlich der inneren Verkehrslage die Verhältnisse von den bei dem Vergleich der Ertragsbedingungen unterstellten regelmäßigen Verhältnissen nicht unwesentlich abweichen, unter den Voraussetzungen des § 41 BewG ein Zuschlag oder Abschlag am Vergleichswert zu machen ist.
Rz. 14
Allerdings ergeben sich hier unter Berücksichtigung der Regelungen des § 41 Abs. 1 BewG hohe Hürden. So kommt ein Abschlag oder Zuschlag nur dann in Betracht, wenn die tatsächlichen Verhältnisse des einzelnen Betriebes von den bei der Bewertung unterstellten regelmäßigen Verhältnisse um mehr als 20 % abweichen und die Wertabweichung zudem mindestens 1 000 DM beträgt. Ein Zu- oder Abschlag kommt auch dann in Betracht, wenn die Wertabweichung zwar weniger als 20 %, mindestens jedoch 10 000 DM beträgt (vgl. dazu die Kommentierung zu § 41 BewG).
Rz. 15
Insgesamt ist davon auszugehen, dass bei einer weinbaulichen Nutzung die vorgenannten Wertgrenzen nur in absoluten Ausnahmefällen erreicht werden.