Rz. 196
Die Investitionsklausel für Verwaltungsvermögen hat zur Folge, dass zunächst dem Verwaltungsvermögen zugerechnetes Vermögen rückwirkend zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer nicht mehr als Verwaltungsvermögen eingestuft werden kann, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
- Es muss sich um einen Erwerb von Todes wegen handeln;
- der Erwerber muss erworbenes nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 bis 5 ErbStG) innerhalb des erworbenen begünstigungsfähigen Vermögens in Vermögen investieren, das kein Verwaltungsvermögen ist;
- die durch die Investition geschaffenen oder angeschafften Gegenstände müssen unmittelbar einer land- und forstwirtschaftlichen oder originär gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit (§ 13 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG) dienen;
- die Investition muss aufgrund eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer vorgefassten Plans des Erblassers erfolgen und darf nicht zu neuem Verwaltungsvermögen führen;
- die Investition muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach dem Besteuerungszeitpunkt erfolgt sein.
Rz. 197
Bei Schenkungen unter Lebenden sind Härtefälle aufgrund des Stichtagsprinzips bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen, da Schenkungen und deren Vollzug planbar sind. Die Investitionsklausel findet daher nur bei Erwerben von Todes wegen Anwendung.
Rz. 198
Unter Investition wird zwanglos die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern zu subsumieren sein. Ob auch die Tilgung von Schulden dazu gerechnet werden kann, ist fraglich. Teilweise wird vertreten, dass der Begriff der Investition wohl eher eng auszulegen sei. Im Ergebnis dürfte dies wohl zutreffend sein, weil schon nach dem Wortlaut der Norm "Investition" eine Schuldentilgung begrifflich nicht erfasst sein kann.
Rz. 199
Ob hinsichtlich der Frist von zwei Jahren bei einer Investition auf den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags oder auf den Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten abzustellen ist, ist fraglich. Richtigerweise muss das Datum des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts maßgeblich sein, denn nur dies können die Beteiligten zweifelsfrei beherrschen. Der Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten kann vom Eintritt weiterer Bedingungen abhängig sein, auf die die Beteiligten keinen Einfluss haben. Entscheidend im Sinne der Norm und ihres Regelungszweckes muss aber sein, dass die Beteiligten nach außen hin eindeutig dokumentiert haben, dass eine Investition erfolgen soll. Diese Dokumentation ist aber schon dann hinreichend deutlich, wenn der Vertragsschluss erfolgt ist.
Rz. 200
Unschädlich ist eine zusätzliche Finanzierung der Investition aus dem Privatvermögen. In diesem Fall entfällt die Zurechnung zum Verwaltungsvermögen rückwirkend nur für das zur Finanzierung eingesetzte Verwaltungsvermögen. Das eingesetzte Privatvermögen wird nicht rückwirkend zum Besteuerungszeitpunkt als vom Erblasser erworbenes begünstigtes Vermögen behandelt. Hatte der Erblasser, z.B. als ein Minderheitsgesellschafter, keinen Einfluss auf die Geschäftsleitung (Geschäftsführung, Vorstand) des Betriebs, reicht es aus, wenn die Geschäftsleitung zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers einen konkreten Investitionsplan gefasst hatte und diesen innerhalb der Frist von zwei Jahren verwirklicht. Dieser Plan und seine Umsetzung werden dem Erblasser zugerechnet.
Rz. 201
Der Plan des Erblassers muss so konkret sein, dass dieser und die entsprechend vom Erwerber umgesetzte Investition nachvollzogen werden können. Der Plan muss die zu erwerbenden oder herzustellenden Gegenstände beinhalten. Dabei muss der Erblasser nicht vorgegeben haben, welche konkreten Gegenstände des Verwaltungsvermögens zur Finanzierung zu verwenden sind.
Die Investitionsklausel kann auch auf nachgelagerten Beteiligungsstufen zur Anwendung kommen. Dies betrifft also mehrstufige Konzernstrukturen. Voraussetzung ist hier, dass der Erblasser seinen Plan auf dieser Beteiligungsstufe tatsächlich durchsetzen konnte. Eine Zurechnung der Entscheidung der Geschäftsleitung erfolge in diesen Fällen nicht. Demzufolge wäre es für derartige mehrstufige Konzernstrukturen also immer erforderlich, dass der Mehrheitsgesellschafter die Investitionsklausel bei allen von ihm – über mehrere Stufen - beherrschten Tochtergesellschaften auf sämtlichen Beteiligungsstufen durchsetzen und anwenden kann.
Rz. 202
In § 13b Abs. 5 Satz 5 ErbStG wird dem Erwerber auferlegt, das Vorliegen der Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 des § 13b Abs. 5 ErbStG nachzuweisen, somit trifft ihn die objektive Feststellungslast. Größtes praxisrelevantes Problem dürften hier Nachweis und Dokumentation der vom Erblasser bereits geplanten Entschlussfassung sein. Eine restriktiv formelle Handhabung der Dokumentationspflicht seitens der Verwaltung könnte die Investitionsklausel faktisch ins Leere laufen lassen. Unabhängig davon...