Rz. 1727
Nach § 97 Abs. 1b Satz 1 BewG bestimmt sich der gemeine Wert des Anteils an einer Kapitalgesellschaft "nach dem Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) der Gesellschaft zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft im Bewertungsstichtag." Der so ermittelte Beteiligungswert wird dem Umstand gerecht, dass sich die Gewinnverteilung einschließlich der Auskehrung eines Liquidationsüberschusses gem. § 60 AktG sowie den §§ 29 Abs. 3 und 72 GmbHG grundsätzlich an dem Verhältnis der Anteile am Nennkapital der Gesellschaft orientiert.
Rz. 1728
Nach § 97 Abs. 1b Satz 2 BewG gilt diese Quotenberechnung grundsätzlich auch dann, wenn das Nennkapital noch nicht vollständig eingezahlt ist. Ein anderes kommt allerdings nach § 97 Abs. 1b Satz 3 BewG in Betracht, wenn sich "die Beteiligung am Vermögen und am Gewinn der Gesellschaft auf Grund einer ausdrücklichen Vereinbarung der Gesellschafter nach der jeweiligen Höhe des eingezahlten Nennkapitals" richtet. In diesem Fall "bezieht sich der gemeine Wert nur auf das tatsächlich eingezahlte Nennkapital." Soweit § 97 Abs. 1b Satz 3 BewG von "Beteiligung am Vermögen" spricht, ist die Formulierung "verunglückt". Wie schon unter Rz. 1700 dargelegt, sind die Anteilseigner am Vermögen der Kapitalgesellschaft gerade nicht beteiligt. Denn Inhaberin des Vermögens der Kapitalgesellschaft ist diese selbst, nicht sind Vermögensinhaber die an ihr beteiligten Gesellschafter. "Beteiligung am Vermögen" i.S.d. § 97 Abs. 1b Satz 3 BewG ist daher korrigierend dahin auszulegen, dass damit der Anteil des Gesellschafters am "Liquidationserlös" gemeint ist..
Rz. 1729
Nicht zum Nennkapital gehört ein etwaiges (z.B. bei Gründung der Gesellschaft) entrichtetes Agio (Aufgeld).
Rz. 1730
Kommt es für die Berechnung des Anteilswerts ausnahmsweise auf die jeweilige Höhe des tatsächlich eingezahlten Nennkapitals an (vgl. § 97 Abs. 1b Satz 3 BewG), so muss auch dasjenige Nennkapital außer Betracht bleiben, das zwar zunächst eingezahlt, später aber – etwa in gesellschaftsrechtlich unzulässiger Weise – zurückgezahlt wurde.
Rz. 1731
Eingezogene Geschäftsanteile an einer GmbH erlöschen (§ 34 GmbHG). Dies hat zur Konsequenz, dass die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile an der betreffenden GmbH nicht mehr dem Betrag des Stammkapitals der GmbH entspricht. Diese Divergenz kann durch eine Kapitalherabsetzung, einen Aufstockungsbeschluss oder durch die Neubildung eines Geschäftsanteils beseitigt werden.
Wie schon erwähnt (Rz. 1727), bestimmt sich der gemeine Wert eines Geschäftsanteils an einer GmbH grundsätzlich nach dem Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Stammkapital) der GmbH zum jeweiligen Wert des Betriebsvermögens der GmbH zum Bewertungsstichtag. Steht zum Bewertungsstichtag bei einer GmbH, bei der Geschäftsanteile eingezogen wurden, die Angleichung der Summe der Geschäftsanteile an das Stammkapital noch aus, so ist das Nennkapital der GmbH um den Nennbetrag der eingezogenen Anteile zu mindern.
Rz. 1732
Hält die Kapitalgesellschaft eigene Anteile, so wirkt sich dies zwar nicht auf die Bewertung des Vermögens der Gesellschaft aus. Die eigenen Anteile sind jedoch im Rahmen der Aufteilung des Werts des Vermögens der Kapitalgesellschaft zu berücksichtigen. Sie mindern den Wert des gesamten Nennkapitals um ihren Nennwert. Anders ausgedrückt ist der zu bewertende Anteil nur zu dem auf diese Weise gekürzten Nennkapital der Gesellschaft in Relation zu setzen.
Rz. 1733
Nach der bis zum 31.12.2015 geltenden Rechtslage war bei der Bemessung des Anteilswerts auch bei mit unterschiedlichen Rechten ausgestatteten Anteilen (z.B. Stammaktien und Vorzugsaktien) schematisch und ohne Berücksichtigung der vorhandenen Besonderheiten auf die oben dargestellte Relation abzuheben. In Tz. 1.10 der gleich lautenden Ländererlasse v. 5.6.2014 hieß es hierzu, dass bei Ausstattung der Kapitalgesellschaftsanteile mit ungleichen Rechten deren Berücksichtigung "weder im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens noch beim Substanzwert möglich (sei)."
Der daran in der Literatur (auch in diesem Kommentar) geübten Kritik, dass eine solche undifferenzierte Handhabung nicht plausibel und auch mit Praktikabilitätsgründen allein nicht zu rechtfertigen sei, hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich mit der Einfügung des § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG durch Art. 9 Nr. 1 des Steueränderungsgesetzes 2015 (StÄndG 2015) v. 2.11.2015 Rechnung getragen. Danach sind bei der Wertermittlung abweichend von § 97 Abs. 1b Satz 1 BewG und vorbehaltlich des § 9 Abs. 2 (Satz 3) und 3 BewG "Regelungen zu berücksichtigen, die sich auf den Wert des Anteils auswirken, wie insb. eine vom Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) abweichende Gewinnverteilung."
Rz. 1734
§ 97 Abs. 1b Satz 4 BewG ist erstmals auf Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2015 anzuwenden (§ 20...